# taz.de -- Adorno-Preis für Judith Butler: Zentralrat der Juden fordert Boyko… | |
> Die Gender-Theoretikerin Judith Butler erhält den Adorno-Preis. Das | |
> gefällt dem Zentralrat der Juden nicht. Mit der Auszeichnung werde | |
> „Israelhass“ prämiert. | |
Bild: Die Preisbegründung nennt sie eine „maßgebliche Denkerin unserer Zeit… | |
BERLIN taz | Der Zentralrat der Juden in Deutschland hat seine Kritik an | |
der anstehenden Ehrung der US-amerikanischen Philosophin Judith Butler mit | |
dem „Theodor-W.-Adorno-Preis“ der Stadt Frankfurt bekräftigt. „Ich finde | |
das unmöglich“, sagte der Präsident des Zentralrats, Dieter Graumann, der | |
taz. Dass „Israelhass“ prämierungswürdig sei, könne er „nicht | |
nachvollziehen“. | |
Der Zentralrats-Generalsekretär Stephan Kramer hatte die 56-jährige Butler | |
schon zuvor eine „bekennende Israel-Hasserin“ genannt. Es sei empörend, | |
dass mit Butler jemand geehrt werde, der zum Boykott gegen Israel aufrufe | |
und die muslimischen Organisationen Hamas und Hisbollah als legitime | |
soziale Bewegungen bezeichnet habe. | |
Butler gehört zu den weltweit führenden Köpfen in der feministischen und | |
politischen sowie der Sprach- und Diskurs-Theorie. Sie wurde 1956 als | |
Tochter jüdischer Einwanderer in Cleveland, Ohio, geboren. In einem | |
Interview mit der Zeit hat sie 2008 betont: „Für mich heißt Judesein, Teil | |
einer Welt zu sein, in der Diskriminierung aufgrund von Religion oder | |
Nationalität inakzeptabel ist.“ | |
In Deutschland sorgte sie 2010 für Furore, als sie bei der Verleihung eines | |
Zivilcourage-Preises am Christopher-Street-Day in Berlin diesen ablehnte. | |
Sie verkündete dabei, sie wolle sich so von „Rassismus, einschließlich | |
antimuslimischem Rassismus“ distanzieren. Dies warf sie den Veranstaltern | |
des CSD vor. Auch wolle sie so gegen den kommerziellen Charakter dieser | |
Veranstaltung protestieren. | |
Butler ist eine von über hundert Gelehrten, die die „US-Kampagne für einen | |
akademischen und kulturellen Boykott Israels“ unterstützen. Zum 60. | |
Jahrestag der Gründung Israels gehörte sie 2008 zu 54 Intellektuellen, die | |
in der Herald Tribune eine Art Todesanzeige schalteten. Die Überschrift | |
lautete: „Kein Grund zu feiern“. Butler und die anderen gedachten darin der | |
„60 Jahre palästinensische Vertreibung“. | |
## „Hamas und Hisbollah sind Teil der globalen Linken“ | |
Im Jahr 2006 hatte sie auf einer Veranstaltung in der US-Universität | |
Berkeley gesagt: „Es ist extrem wichtig, Hamas und Hisbollah als soziale | |
Bewegungen zu sehen, die progressiv, auf der Linken und Teil der globalen | |
Linken sind. Das hindert uns nicht, kritisch gegenüber bestimmten | |
Dimensionen beider Bewegungen zu sein. Das hindert nicht die unter uns, die | |
an gewaltloser Politik interessiert sind, die Frage zu stellen, ob es | |
andere Optionen neben der Gewalt gibt.“ | |
[1][In einem Interview mit der jungle world] sagte Butler 2010, diese | |
„schrecklich missverstandene Aussage“ werde benutzt, „mich in Zeitungen u… | |
auf Websites zu diskreditieren“. Sie habe in Berkeley lediglich gesagt, | |
„dass – deskriptiv gesehen – diese Bewegungen in der Linken zu verorten | |
sind, doch wie bei jeder Bewegung muss jeder für sich selbst entscheiden, | |
ob er sie unterstützt oder nicht. Ich habe keine der genannten Bewegungen | |
jemals unterstützt, und mein eigenes Engagement gegen Gewalt macht es | |
unmöglich, das zu tun.“ | |
Der Theodor-W.-Adorno-Preis ist mit 50.000 Euro dotiert. Er wird alle drei | |
Jahre von der Stadt Frankfurt vergeben. In der Preisbegründung wird Butler | |
„eine der maßgeblichen Denkerinnen unserer Zeit“ genannt. Sie soll den | |
Preis am 11. September in der Paulskirche erhalten. Bisherige Preisträger | |
waren unter anderen die Soziologen Norbert Elias und Jürgen Habermas. | |
Zuletzt wurde 2009 der Filmemacher Alexander Kluge geehrt. | |
28 Aug 2012 | |
## LINKS | |
[1] http://jungle-world.com/artikel/2010/30/41420.html | |
## AUTOREN | |
Philipp Gessler | |
## TAGS | |
Judith Butler | |
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