# taz.de -- Senatsinitiative für Sozialen Wohnungsbau: "Heizen oder Essen" | |
> Mit fast 40 Millionen Euro will der Senat die Wohnungsnot lindern. Den | |
> Wettlauf mit der Entfristung der Altbestände kann er nicht gewinnen. | |
Bild: 700 Wohnungen mit Mietpreisbindung sollen bis Ende 2013 neu erstellt oder… | |
BREMEN taz | Mit fast 40 Millionen Euro fördert der Senat den sozialen | |
Wohnungsbau. Das hat er auf seiner gestrigen Sitzung beschlossen. Die | |
Mittel sollen bis Ende kommenden Jahres ausgegeben und zu 80 Prozent im | |
Bremer Stadtgebiet eingesetzt werden. Sowohl Bremerhaven als auch | |
Bremen-Nord werden jeweils mit einer 20-Prozent-Quote berücksichtigt. | |
Ausreichender preiswerter Wohnraum sei „ein zentrales Anliegen der | |
laufenden Legislatur“, sagt Bausenator Joachim Lohse (Grüne). Konkret geht | |
es um 700 Wohnungen mit Mietpreisbindung, die bis Ende 2013 neu erstellt | |
oder saniert sein sollen. Das ist etwa ein Viertel des in diesem Zeitraum | |
geplanten Bauvolumens. | |
Bis 2020 sollen 14.000 neue Wohnungen in Bremen-Stadt entstehen. In | |
Bremerhaven hingegen gehe es primär um die Aufwertung des innerstädtischen | |
Wohnungsbestands, insbesondere um energetische Sanierungen: „Es ist mir ein | |
großes Anliegen, die Energiekosten langfristig auf einem tragbaren Niveau | |
zu halten“, betont Lohse – „die Menschen sollen sich nicht entscheiden | |
müssen, ob sie heizen oder essen wollen.“ | |
Die bisherigen Wohnbauförderungen, die privaten Investoren den sozialen | |
Wohnbau schmackhaft machen sollen, haben sich, wie Lohse eingesteht, als | |
„nicht attraktiv genug“ erwiesen. Ab sofort soll die Förderung pro Wohnung | |
daher von 35.000 auf 60.000 Euro erhöht werden. Modernisierungen werden nun | |
mit 40.000 statt bisher 30.000 Euro belohnt. Die Auflage: ein | |
„anfänglicher“, auf 20 Jahre befristeter Mietpreis von 6,10 Euro pro | |
Quadratmeter in Neubauten und 5,60 Euro in modernisierten Wohnungen. | |
Während sich der Preis innerhalb dieser Mietpreisbindung nach Auskunft des | |
Ressorts lediglich im Centbereich der allgemeinen Preisentwicklung anpassen | |
darf, ist nach 20 Jahren – im Rahmen der gesetzlichen Preissteigerung – der | |
freie Markt am Zug. | |
Zum Maßnahmen-Paket des Senats gehört auch die Ausweisung von 30 | |
Neubauflächen, wobei der Schwerpunkt auf der Binnenverdichtung liegt. | |
Bebaut werden sollen beispielsweise das TÜV-Gelände, die | |
Scharnhorst-Kaserne und das Cambrai-Dreieck am Buntentorsdeich. Investoren, | |
die sich auf sozialen Wohnbau einlassen, sollen diese Flächen zu | |
„vergünstigten Konditionen“ erhalten. | |
20 Prozent der Wohnbauförderung, sagt Lohse, seien für „besonders | |
Bedürftige wie Obdachlose oder migrantische Großfamilien“ reserviert. Auch | |
„alternative gemeinschaftliche Wohnformen sollen im Rahmen der Förderung | |
besonders berücksichtigt werden“, heißt es im Senatsbeschluss. | |
Zudem soll etwa im künftigen Hulsberg-Quartier wie auch in der Überseestadt | |
durch die Wohnbauförderung für soziale Durchmischung gesorgt werden. In | |
Bezug auf das im Bau befindliche Stadtwerder-Wohnquartier könne rückwirkend | |
nichts mehr geändert werden, heißt es auf Nachfrage, weitere Anlagen seien | |
dort nicht geplant. | |
Sieht der Senat die dortige durchgängige Hochpreis-Bebauung mittlerweile | |
also als Fehlentwicklung? So weit will Lohse nicht gehen: „Dort gibt es | |
keine besondere soziale Spaltung.“ Mit zehn bis 12 Euro pro Quadratmeter | |
seien die Mieten „nicht exorbitant hoch“. „Viel für Bremen“, sagt Lohs… | |
„aber wenig im Vergleich zu München oder Düsseldorf.“ | |
Vor dem Hintergrund auslaufender Mietpreisbindungen hält die Linkspartei | |
die Maßnahmen des Senats für einen „Tropfen auf dem heißen Stein“. 350 | |
Sozialwohnungen pro Jahr reichten nicht einmal aus, um deren Rückgang | |
auszugleichen, so die Linksfraktion. Pro Jahr fielen durchschnittlich 833 | |
Sozialwohnungen weg, innerhalb von nur sechs Jahren sinke deren Bestand | |
damit um rund 5.000 Wohnungen. | |
Statt indirekter Anreize solle der Senat ein eigenes Wohnungsbauprogramm | |
auflegen, das den Bau von mindestens 1.000 Sozialwohnungen pro Jahr | |
vorsehe. Nur so könne der Wohnungsnot in Bremen effektiv begegnet werden. | |
Die CDU sieht „die Chance auf eine sozial ausgewogene Wohnungsbaupolitik | |
vertan“. Sie fürchtet, dass vor allem Familien mit mittleren Einkommen in | |
Bremen „hinten runter fallen“ und nun ins nahe gelegene Umland abwandern. | |
Die CDU mahnt deshalb eine „bessere Vermarktung vorhandener Bauflächen“ an. | |
28 Aug 2012 | |
## AUTOREN | |
Henning Bleyl | |
## TAGS | |
Bürgerinitiative | |
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