# taz.de -- Kolumne Nullen und Einsen: Tausend Tonnen Hass | |
> Kommentare im Internet fördern das Niederste im Menschen zutage. Doch wie | |
> gehen wir damit um? Einfach abschalten wäre zu leicht. | |
Bild: Bitte nicht füttern! | |
Jetzt hat es endlich mal jemand gesagt, dem man nun wirklich nicht | |
vorwerfen kann, dass er das Internet und seine Mitrede-Möglichkeiten als | |
Schwachsinn abkanzeln wollen würde: Blogger Markus Beckedahl [1][hat sich | |
vergangene Woche ausgekotzt]. Über die Kommentare auf seinem Blog | |
[2][netzpolitik.org]. Darüber, wie Leute dort immer wüster pöbeln, krude | |
Verschwörungstheorien ausbreiten und damit die Leute vergrätzen, die | |
wirklich mitdiskutieren wollen. | |
Es war wohl das erste Mal, dass ich Markus Beckedahl und Bunte.de in einem | |
Gedanken zusammengebracht habe – hatte doch Letztere kürzlich ihre | |
Kommentarfunktion sogar zwischenzeitlich dicht gemacht, weil Rechtsextreme | |
ihnen die Seite vollkotzten. | |
Und jetzt fragt sich Beckedahl, der seit Jahren unermüdlich für das freie | |
Netz trommelt, frustriert, ob er nicht einfach die Kommentarfunktion auf | |
seinem Blog dichtmachen soll. Weil er keine Lust mehr hat. | |
Das ist nur allzu verständlich – Probleme mit dem Troll- und Hater-Zoo gibt | |
es auf wahrscheinlich allen größeren Blogs und Nachrichtenseiten. Aber es | |
nervt mich. Weil es auch bedeutet, dass man all diesen Internet-Antis, die | |
eh schon immer gewusst haben, dass die Leute im Netz ohnehin nur dummes, | |
beleidigendes Zeug verzapfen, ein bisschen Recht geben muss. | |
Natürlich, das betont auch Beckedahl, sind Kommentarfunktionen eigentlich | |
toll. Aber sie können die Pest sein. Das darf ich sagen, weil ich einst als | |
taz.de-Redakteurin vormittagelang durch Moore von „Schlimmer als die | |
Bild-Zeitung“- und „Alles islamistische Bombenleger“-Kommentare gewatet | |
bin. | |
## Es kommt raus, was in den Köpfen ist | |
All das Konstruktive, das Korrektiv, das Leserkommentare sein können, wird | |
zugeschmissen mit riesigen Batzen Dreck aus Nazivergleichen, | |
Ausländerfeindlichkeit und sonstigem Hass. Technische Lösungen, | |
Kommentarratings durch andere Leser, eine Anmeldepflicht oder das mühevolle | |
händische Freischalten von Kommentaren können das Problem etwas dämpfen. | |
Beseitigen können sie es nicht. | |
Mit den Äußerungsmöglichkeiten im Netz werden jetzt Dinge deutlicher | |
sichtbar, die immer schon in den Köpfen der Menschen waren, hat die kluge | |
Netzaktivistin Anke Domscheit-Berg kürzlich im Interview gesagt. | |
Andererseits kann ich verstehen, dass es Schmähungen und persönliche | |
Anwürfe gibt, die man auf seinen Seiten nicht stehen haben will – weil es | |
justiziabel ist, Dritte verleumdet werden oder um nicht noch mehr Trolle | |
anzulocken. | |
Meinen persönlichen Lieblingsumgang mit aggressiven oder einfach blöden | |
Kommentaren hat übrigens die YouTuber-Quatschtruppe Y-Titty erfunden: Sie | |
lesen eine Auswahl davon in ihrer wöchentlichen „Kommentare-Kommentiershow“ | |
vor und parodieren sie. Eine ähnliche Idee haben die Hate-Poetry-Lesungen | |
des Kollegen Yücel und seiner Mitstreiter: Sie tragen die schlimmsten | |
Leserkommentar-Beleidigungen unter ihren Texten öffentlich vor. | |
Vielleicht sollte man denen mal einen YouTube-Kanal einrichten. Da wäre ich | |
gespannt auf die Kommentare. | |
31 Aug 2012 | |
## LINKS | |
[1] http://netzpolitik.org/2012/kommentarkultur-neu-entwickeln/ | |
[2] http://netzpolitik.org/ | |
## AUTOREN | |
Meike Laaff | |
## TAGS | |
Kommentar | |
Internet | |
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