# taz.de -- Ausschuss für „Krisenmanagment“: Verschlaft die Anfänge | |
> Nach der Lehman-Pleite 2008 tagte der zuständige Ausschuss erst viel | |
> später. Einer der Akteure: Jörg Asmussen, heute EZB-Direktor. | |
Bild: War in den letzten Jahren etwas tagungsfaul: Jörg Asmussen, ehemaliger S… | |
BERLIN taz | Es war eine dramatische Zeit, der Sommer und Herbst 2008. Nach | |
dem Platzen der Immobilienblase in den USA waren die Finanzmärkte weltweit | |
verunsichert. Im Juli musste die US-Regierung die Hypothekenfinanzierer | |
Fannie Mae und Freddie Mac retten. Am 15. September ging die Bank Lehman | |
Brothers pleite, was den Höhepunkt der Krise darstellte. | |
Eigentlich hätte Deutschland für diesen Fall gut vorbereitet sein sollen. | |
Schon zwei Jahre zuvor war auf Anraten der EU ein neues Gremium geschaffen | |
worden, das in Krisenfällen eine schnelle, abgestimmte Reaktion | |
gewährleisten sollte: der „Ständige Ausschuss für Finanzmarktstabilität�… | |
Vertreten sind darin die wichtigsten Aufsichtsbehörden des deutschen | |
Finanzwesens: das Bundesfinanzministerium, die Bundesbank und die | |
Bundesanstalt für Finanzdienstleistung-saufsicht (Bafin). | |
Geleitet wurde es von Jörg Asmussen, der vor seinem Wechsel ins Direktorium | |
der Europäischen Zentralbank (EZB) unter Peer Steinbrück (SPD) und Wolfgang | |
Schäuble (CDU) als Abteilungsleiter und Staatssekretär im Finanzministerium | |
tätig war. Der Anspruch des Gremiums war durchaus hochgesteckt: „In | |
Krisenfällen koordiniert der Ausschuss das Krisenmanagement“, heißt es in | |
der Gründungsvereinbarung. | |
Und es wurde klar festgelegt: „Der Ausschuss tagt mindestens dreimal im | |
Kalenderjahr.“ Doch in der Realität umgesetzt wurde das nie: Im zentralen | |
Krisenjahr 2008 trat der Ausschuss ein einziges Mal zusammen – am 21. | |
August. Nach der Lehman-Pleite kurz darauf gab es offenbar keinen Bedarf an | |
Krisenmanagement in diesem Rahmen: Bis zum nächsten Treffen im April 2009 | |
vergingen acht Monate. Auch 2007 und 2009 fanden weniger als die mindestens | |
geforderten drei Sitzungen pro Jahr statt. Erst seit 2010 wird die Vorgabe | |
eingehalten. | |
## Anfrage der Linksfraktion | |
Diese Zahlen gehen aus der Antwort des Finanzministeriums auf eine Anfrage | |
der Linksfraktion hervor, die der taz vorliegt. Im | |
HRE-Untersuchungsausschuss hatte das Finanzministerium es noch abgelehnt, | |
sich öffentlich zu den Sitzungsterminen des Finanzstabilitätsausschusses zu | |
äußern. | |
„Endlich räumt die Bundesregierung ein, dass sie ihre eigenen Regeln | |
verletzt und im Krisenmanagement geschlampt hat“, kommentierte der | |
Finanzexperte der Linksfraktion, Axel Troost, die Angaben. Besonders | |
peinlich sei das für den heutigen EZB-Direktor Asmussen. „Er muss sich | |
endlich seiner Verantwortung stellen.“ | |
Das Finanzministerium konnte bis Redaktionsschluss keine Stellungnahme zu | |
den Vorwürfen abgeben. In der Antwort auf die Kleine Anfrage schreibt | |
Staatssekretär Hartmut Koschyk lediglich, der „Ständige Ausschuss | |
Finanzmarktstabilität“ sei nicht die einzige Form des | |
Informationsaustauschs zwischen den zuständigen Aufsichtsbehörden gewesen. | |
Derzeit wird das Gremium auf eine neue Grundlage gestellt: Im Gesetzentwurf | |
zur Stärkung der Finanzaufsicht wird festgelegt, dass der Ausschuss künftig | |
einmal pro Quartal tagen soll. Und er darf laut Auskunft der | |
Bundesregierung künftig „Warnungen und Empfehlungen“ aussprechen – was d… | |
bisherige Ausschuss demnach nicht durfte. | |
4 Sep 2012 | |
## AUTOREN | |
Malte Kreutzfeldt | |
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