# taz.de -- Kommentar Parteitag Demokraten: Die sozialdemokratischen Obamas | |
> Es ist nicht egal, ob Obama oder Romney die Wahlen gewinnt. Das zeigt ein | |
> Blick in die Wahlprogramme von Demokraten und Republikanern. | |
Angesichts der dünnen Ergebnisse, die US-Präsident Barack Obama nach seiner | |
ersten Amtszeit vorzuweisen habe, sei es letztlich egal, wer im November | |
die Wahlen gewinne. Diese These bestimmt die Berichterstattung. Und sie ist | |
falsch. Man geht mit ihr der republikanischen Strategie voll auf den Leim. | |
Vom ersten Tag an haben die Republikaner ihre Sperrminorität im Senat | |
genutzt, um den Präsidenten nach Kräften zu blockieren, um jetzt, vier | |
Jahre später, gegen eine „gescheiterte Präsidentschaft“ reüssieren zu | |
können. | |
Wichtiger aber ist noch: Wer sich die Wahlprogramme beider Parteien ansieht | |
und die Parteitage der Republikaner in Tampa und derzeit den der Demokraten | |
in Charlotte verfolgt, muss schon ein großes Maß an Ignoranz aufbringen, um | |
nicht zu sehen, dass hier zwei wirklich unterschiedliche Visionen von der | |
Zukunft der USA und der Rolle, die Staat und Regierung dabei zu spielen | |
haben, aufeinandertreffen. | |
Die wichtigsten RednerInnen des ersten Demokratentages haben diese | |
Unterschiede klar benannt, allen voran First Lady Michelle Obama. Sie hat | |
es geschafft, Mitt Romney nicht ein einziges Mal zu erwähnen und dennoch | |
ein Bild von sich, ihrem Mann und ihren Gedanken zu zeichnen, das im klaren | |
Kontrast zu dem steht, wofür Romney antritt. Staat, so der Grundtenor aller | |
Reden des ersten Tages, muss garantieren, dass jedeR eine faire Chance | |
erhält, seinen Traum zu verwirklichen. Das ist ein Bekenntnis zur sozialen | |
Marktwirtschaft, wie sie die USA nie gehabt haben – im Unterschied zum | |
Versuch der Republikaner, nicht nur die Gesundheitsreform, die | |
Entscheidungsfreiheit für Frauen über Abtreibungen und die Homoehe | |
abzuschaffen, sondern jede staatliche Sozialverantwortung, wie sie seit | |
Roosevelts New Deal wenigstens in einigen Bereichen wahrgenommen wird. | |
Der gesamte Wahlkampf zwischen jetzt und November wird in diesen Termini | |
geführt werden, und wie den Republikanern in der vergangenen Woche muss es | |
den Demokraten jetzt darum gehen, diese letzte große Chance kostenloser | |
Sendezeit vor den TV-Debatten optimal auszunutzen. Insbesondere Michelle | |
Obama hat dabei sehr gute Arbeit geleistet, aber auch der 37-jährige | |
Bürgermeister des texanischen San Antonio, Julian Castro, hielt eine große | |
Rede, deren Catchwords: Heute in den Wohlstand von morgen investieren, | |
Chancen für alle unabhängig von Herkunft, Reichtum der Eltern oder Aussehen | |
garantieren, den Ansatz gut zusammenfassen, mit dem die Demokraten auf | |
Mehrheiten hoffen. | |
Am Mittwoch wird es Ex-Präsident Bill Clinton sein, dessen Rede die | |
Demokraten weiter nach vorne bringen soll, am morgigen Donnerstag | |
schließlich wird Obama selbst die Nominierung akzeptieren und - wie schon | |
2008 in einem Stadion vor rund 70.000 Menschen – seine Vision ausbreiten. | |
Überzeugte Republikaner wird er damit nicht begeistern können. Ziel muss es | |
sein, bei den Wechselwählern in den nicht einmal ein Dutzend Swing States | |
Punkte zu sammeln und die eigene Basis trotz ihrer Enttäuschungen am 6. | |
November wieder zur Wahl zu bringen. Gelingt das, steht Obamas Wiederwahl | |
eigentlich nichts im Wege – und das liegt auch an der Schwäche des | |
Herausforderers, dessen blasse, inhaltsleere Rede in Tampa auch bei | |
Republikanern keine Begeisterung auslösen konnte. | |
Allerdings: Auch Obamas Wiedereinzug ins Weiße Haus wäre kein Garant für | |
die Umsetzung auch nur irgendeines der Versprechen. Die Republikaner | |
dürften die Mehrheit im Repräsentantenhaus behalten. Und selbst wenn sie – | |
was noch nicht gesagt ist – es nicht schaffen sollten, auch noch den Senat | |
zu übernehmen, behalten sie dort doch ihre Sperrminorität. Eine zweite | |
Obama-Amtszeit müsste für den Präsidenten auch bedeuten, deutlich | |
offensiver vorzugehen. Den Fehler, auf überparteiliche Zusammenarbeit zu | |
hoffen, wird Obama nicht wieder machen. Ob seine Präsidentschaft | |
schlussendlich nicht nur mit den Worten „der erste Schwarze…“ in die | |
Geschichte eingehen wird, liegt vor allem an ihm selbst. Es könnte sein, | |
dass schon die Rede am Donnerstag darauf ein paar Hinweise gibt. | |
5 Sep 2012 | |
## AUTOREN | |
Bernd Pickert | |
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