Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Hollande im Fernsehinterview: Patriotismus und Versprechen
> François Hollandes steht von links und rechts in der Kritik. Im
> französischen Fernsehen hat er sich am Sonntag zu erklären versucht.
Bild: Ungefähr hier liegt Frankreich, da müssen wir bleiben: François Hollan…
PARIS taz | Der französische Staatspräsident François Hollande kommt durch
die verschlechterte Konjunktur und die wachsende Kritik von links und
rechts in Bedrängnis. In den Medien hat sogar ein eigentliches
„Hollande-Bashing“ eingesetzt.
Da wird auf Titelseiten eines Magazins gefragt, wer die ersten „Gehörnten“
seiner Wahlversprechen seien, eine konservative Tageszeitung suggeriert,
seine Regierung sei eine Bande Bande von „Nullen“. Er hat nach
übereinstimmender Meinung der französischen Medien den politischen Start
nach der kurzen Sommerpause verpasst.
Hollandes Popularität schwindet, nur noch 48 Prozent glauben laut einer am
Sonntag publizierten Umfrage, dass er seine Versprechen halten könne. Er
weiß aber auch selber, dass er es nicht allen recht machen kann: „Wenn ich
Distanz halte, heißt es, ich sei überheblich. Wenn ich (auf alles sofort)
reagiere, heißt es, ich imitiere Sarkozy. Wenn ich für Kompromisse
eintrete, sagt man, ich zögere...“, erklärte er der Zeitung Le Monde. Seine
einzige Antwort darauf sei es, konstant zu bleiben, der Politik eine
Perspektive zu geben und über der Polemik zu stehen.
## Untadelig und beispielhaft
Doch die Ungeduld wächst. Dies veranlasste Hollande, am Sonntagabend, per
Fernseher seine Politik zu rechtfertigten und den Landsleuten zu
versichern, dass er wisse, was er tue. Er habe zwei Schlachten zu schlagen,
eine gegen die Arbeitslosigkeit und eine gegen die Verschuldung. Beide will
er innnerhalb zweier Jahren gewinnen, versprach er in einem Interview auf
dem Sender TF1.
Mehr noch: Nach seiner Amtszeit in fünf Jahren werde es den Franzosen und
Französinnen besser gehen als heute. Darauf gibt ihnen Hollande sein Wort.
Vorher aber müssen Opfer gebracht gebracht werden.
Hollande räumt ein, dass die Situation wegen der Krise noch dramatischer
ist, als er erwartet hatte. Dennoch will er wie versprochen das
Staatsdefizit bis Ende 2013 auf 3 Prozent reduzieren. Dazu sind
Steuererhöhungen von 20 Milliarden und Ausgabenkürzungen von mindestens 10
erforderlich, die bei weitem nicht nur die Reichsten treffen. Die
Staatsführung, die solche zusätzliche Opfer verlangt, müsse selber
untadelig und beispielhaft sein, gelobt der Präsident. Das erleichtert es
dennoch nicht, den zunehmend skeptischen Landsleuten solche unangenehme
Botschaften zu überbringen.
## „Beleidigung der Heimat“
Nicht alle können sich ins Ausland absetzen, wie einige prominente
Steuerflüchtlinge. Schlagzeilen machte am Wochenende der reichste Franzose,
Bernard Arnault von der Luxuswarengruppe LVMH, der Belgier werden will. Er
hat zwar in der Zwischenzeit erklärt, er wolle auch weiterhin in Frankreich
Steuern bezahlen.
Dennoch wurde Arnault bereits zum Paradebeispiel für die „vaterlandslosen
Gesellen“ des Kapitals. Hollande mahnte aus diesem Grund die
Privilegiertesten, sie müssten etwas mehr Patriotismus beweisen. Die hohen
Einkommen ab einer Million Euro sollen darum bis zum Ende der Krise mit dem
Höchstsatz von 75 Prozent besteuert werden. Davon will Hollande nicht
abweichen.
Die deswegen drohende Abwanderung ins Steuerexil hat eine Welle der
patriotischer Empörung ausgelöst. „Wenn man Frankreich liebt, geht man
nicht weg, wenn Sturm aufzieht“, protestierte der Sozialist Harlem Désir.
Und die Abgeordnete Karine Berger, die wie Désir zur sozialistischen
Parteiführung gehört, sieht in Arnault Entscheidung, die belgische
Nationalität zu beantragen, schlicht eine „Beleidigung der Heimat“.
## Folge der „stupiden Entscheidungen“
Auch der Zentrumsdemokrat François Bayrou bedauert den Schritt des
LVMH-Chefs: „Man legt nicht seine Staatszugehörigkeit und Geld auf dieselbe
Waage.“ Der ehemalige Präsidentschaftskandidat Bayrou befürchtet, dass
diese individuelle Entscheidung eine sehr nachteilige Beispielwirkung haben
könnte.
Andere haben gar nicht erst auf ein solches Signal gewartet. So hat sich
laut dem Magazin Le Nouvel Observateur der (mit schätzungsweise 400
Millionen Euro Privatvermögen) ebenfalls sehr wohlhabende frühere Chef des
Kosmetikkonzerns L'Oréal, Lindsay Owen-Jones in diesem Sommer im Tessin
niedergelassen.
Ganz anders sieht der ehemalige konservative Premierminister François
Fillon in dieser Debatte die Schuldlage. Die Steuerflucht sei die logische
und unerfreuliche Folge der „stupiden Entscheidungen“ von Präsident
François Hollande und seiner Regierung. Diese sei verantwortlich dafür,
dass „der Vorsitzende eines der schönsten und bekanntesten Unternehmen der
Welt, das zugleich ein Symbol für Frankreichs erfolgreiches Savoir-faire
ist, gezwungen wird, aus steuerpolitischen Gründen seine Nationalität zu
wechseln“, warnt Fillon in dramatischen Tönen und voller Verständnis für
die Geldsorgen der Reichsten.
10 Sep 2012
## AUTOREN
Rudolf Balmer
Rudolf Balmer
## TAGS
Schwerpunkt Emmanuel Macron
Schwerpunkt Frankreich
## ARTIKEL ZUM THEMA
Präsidentschaftskandidatur in Frankreich: Allianz in der Mitte
Der Zentrumsdemokrat Bayrou unterstützt den sozialliberalen Kandidaten
Macron. Das soll einen Durchmarsch der Rechten verhindern.
Parteitag französischer Sozialisten: Zweiter Anlauf nach links
Auf ihrem 76. Parteitag geht die Regierungspartei in die Offensive. Damit
reagiert sie auf die Kritik von Medien und bürgerlicher Opposition.
Pfiffe für den sozialistischen Präsidenten: Hollandes Gegner im Land sitzen l…
Die einst abgegebenen sozialistischen Wahlversprechen galten Dienstag
nicht: Mit den Stimmen von rechts ratifizierte Frankreich den Fiskalpakt.
Massenproteste in Frankreich: Rote Fahnen gegen Realpolitik
Sparhaushalt 2013, angestrebte Ratifizierung des EU-Fiskalpakts: Der
sozialistische Präsident Hollande gerät unter Druck des eigenen Lagers.
Französische Sozialisten: Neuer Vorsitzender nominiert
Harlem Désir soll im Herbst den Parteivorsitz übernehmen. Der Gründer von
„SOS Racisme“ will für die Loyalität zu Staatspräsident Hollande sorgen.
Mäzen und Steuerflüchtling: Der reichste Franzose will weg
Bernard Arnault möchte Belgier werden – um Steuern zu sparen, heißt es. Und
weil er den neuen französischen Präsidenten nicht mag.
Kommentar Deutsch-französische Beziehungen: Schwieriger und unverzichtbarer Pa…
François Hollande wird bei Angela Merkel auch in eigener Sache plädieren.
Die Franzosen müssen 2013 zum Defizitabbau 33 Milliarden Euro einsparen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.