# taz.de -- Urabstimmung im Honorarstreit: Patienten müssen draußen bleiben | |
> Die niedergelassenen Ärzte in Deutschland wollen einen Großteil der | |
> Praxen bestreiken. In einer Urabstimmung sprechen sich 75 Prozent für | |
> Praxisschließungen aus. | |
Bild: Stimmt. | |
BERLIN taz | Patientinnen und Patienten in Deutschland müssen sich darauf | |
einstellen, dass bereits in den nächsten Wochen Arztpraxen vielerorts | |
geschlossen bleiben könnten. In einer Urabstimmung unter den Mitgliedern | |
von 30 Arztverbänden hätten sich etwa 75 Prozent der Mediziner für | |
Praxisschließungen ausgesprochen, teilte die Allianz deutscher | |
Ärzteverbände am Donnerstag in Berlin mit. | |
Der Protest, der vor allem von niedergelassenen Fachärzten und weniger von | |
Hausärzten getragen wird, richte sich gegen die gesetzlichen Krankenkassen, | |
sagte der Ärzteallianz-Sprecher Dirk Heinrich. Deren Ankündigung, die | |
Honorare für die niedergelassenen Ärzte um 0,9 Prozent (270 Millionen Euro) | |
anheben zu wollen, sei eine „Kampfansage“. Den Ärzten schwebt eine | |
Steigerung um 11 Prozent (3,5 Milliarden Euro) vor. Die Verhandlungen sind | |
allerdings noch nicht abgeschlossen, die entscheidende Runde im sogenannten | |
Erweiterten Bewertungsausschuss steht am Samstag an. | |
Entsprechend zornig reagierte der Sprecher der Gesetzlichen Krankenkassen, | |
Florian Lanz: „Wir haben kein Verständnis, denn mit einem | |
durchschnittlichen Bruttoeinkommen nach Abzug der Praxiskosten von über | |
160.000 Euro gehören Ärzte zu den wirklich gut Verdienenden.“ Ein Problem | |
bei den Durchschnittsbetrachtungen sei, so Lanz, dass etwa ein Radiologe | |
oder Nierenarzt doppelt so viel verdient wie ein Hausarzt. „Aber die | |
internen Verteilungsprobleme zwischen den Arztgruppen löst man wohl nicht | |
dadurch, dass Patienten vor verschlossenen Türen stehen gelassen werden.“ | |
Die Kassenärztliche Bundesvereinigung wiederum beziffert das monatliche | |
Nettoeinkommen der Kassenärzte auf durchschnittlich 5.442 Euro. | |
Den Patienten droht nun, dass ein großer Teil der knapp 90.000 Arztpraxen | |
zeitweise geschlossen bleibt – allerdings erst ab Ende September und | |
vorausgesetzt, die Verhandlungen scheitern endgültig. Notfälle würden aber | |
weiter behandelt, versichert die Ärzteallianz. | |
13 Sep 2012 | |
## AUTOREN | |
Heike Haarhoff | |
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