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# taz.de -- Ultimate Frisbee in Deutschland: Die Fairplay-Welt ist eine Scheibe
> Ultimate Frisbee ist eine der fairsten Teamsportarten der Welt. Das liegt
> daran, dass es keine Schiris gibt. Das Geschehen regeln die Spieler und
> der „Spirit“.
Bild: Spiel ohne Schiri: Die Nationalspieler Jakob Burr (r.) und Holger Beutten…
FRANKFURT/M. taz | Kurz täuscht der Spieler einen Wurf mit der Vorhand an,
um die Frisbeescheibe dann etwa 50 Meter zu seinem Teamkameraden zu
befördern. Doch kurz bevor dieser sie fangen kann, wird er von seinem
Verteidiger hart am Arm getroffen. „Foul!“ ruft er laut und die Zuschauer
bekunden ihre Zustimmung. Doch ein Pfiff vom Schiedsrichter bleibt aus.
Das ist keine krasse Fehlentscheidung, sondern ganz normal, denn beim
Ultimate Frisbee, einer aus Amerika stammenden Teamsportart, die Anleihen
bei Basketball und American Football hat, gibt es keinen Schiedsrichter.
Alle Regelverstöße werden von den Spielern untereinander geklärt, kommt es
zu keiner Einigung, wird die letzte Aktion wiederholt. „Spirit of the Game“
(Geist des Spiels) heißt das wichtigste Prinzip beim Ultimate, [1][einem
Sport, der viel mehr beinhaltet], als das Werfen einer Plastikscheibe im
Park.
Gespielt wird sieben gegen sieben auf einem schmaleren Fußballfeld mit je
einer Endzone pro Team. Wird eine Scheibe in dieser Zone gefangen, erhält
das angreifende Team einen Punkt. Dabei darf mit der Scheibe nicht gelaufen
werden, und jeder Spieler darf sie nur zehn Sekunden in der Hand halten.
Kommt ein Pass nicht an, etwa weil die Scheibe den Boden berührt oder ein
Verteidiger sie abfängt, wechselt das Angriffsrecht. Ultimate ist
weitestgehend berührungslos.
## Gemeinsam statt gegeneinander
Für den Fairnessgedanken des „Spirit of the Game“ wurde Ultimate Frisbee
zur Botschafterdisziplin des Fairplays der alternativen Olympischen Spiele
„[2][World Games]“ ernannt. Das Prinzip ist als erster und wichtigster
Paragraf in den Regeln hinterlegt. Nach jedem Spiel reden beide Teams in
einem so genannten Spirit-Kreis noch einmal gemeinsam über den
Spielverlauf.
„Der Spirit of the Game ist die grundlegende Vereinbarung aller Spieler,
eigenverantwortlich auf Augenhöhe miteinander umzugehen. Er gibt eine
Einstellung vor, die selbst unter Adrenalin den Respekt vor dem Gegener und
die Freude am Spiel für wichtiger erachtet als den Siegeswillen“, sagt Jörg
Benner, Geschäftsführer des [3][Deutschen Frisbeesport-Verbandes]. Selbst
auf den deutschen Meisterschaften, die Mitte September in Frankfurt am Main
stattfanden und an denen über 700 Aktive in 44 Teams antraten, gibt es
keine Schiedsrichter.
Die Mitglieder der Frisbeegemeinde verstehen sich als große Familie. Man
kennt und respektiert sich. Frisbee ist weitestgehend unkommerziell, auf
Turnieren herrscht Festivalstimmung. Es wird am Spielfeldrand gezeltet,
Verpfegung gibt es oft zum Selbstkostenpreis.
Ultimate weist neben dem Fairplaygedanken noch weitere Besonderheiten auf,
die es von anderem Teamsport wie Fußball unterscheiden. Neben Korfball ist
es die einzige Teamsportart, bei der auch Meisterschaften im Mixed, also
mit Mannschaften in denen Männer und Frauen zusammenspielen, ausgetragen
werden.
Doch der größte Vorteil von Ultimate Frisbee ist zugleich ein Defizit. Ohne
Schiedsrichter sind Entscheidungen teilweise umstritten, Diskussionen
zwischen den Spielern können sich in die Länge ziehen. Ein unberechtigt
angezeigtes Foul kann ein Spiel entscheiden.
„Manchmal würde ich mir Schiedsrichter wünschen. Dann gäbe es weniger
Diskussion und alles würde schneller gehen. Man muss auch die Vorteile von
Schiris bedenken, obwohl dann wohl viel mehr geschauspielert werden würde“,
sagt Felix Golli, der für Hannover spielt. In der in den [4][USA dieses
Jahr neugegründeten Profiliga] gibt es nun deshalb doch offizielle
Regelhüter, die Fouls anzeigen können. Einige Regeln wurden zudem
angepasst, um den Sport zuschauerfreundlicher zu gestalten.
## Wieviel Geld veträgt ein Sport?
Durch den unkommerziellen Charakter und weil Ultimate bisher vom Deutschen
Olympischen Sportbund (DOSB) nicht anerkannt wird, müssen Spieler ihre
Turnier- und Reisekosten größtenteils selber tragen, das gilt auch für die
Nationalmannschaften. Viele junge Spieler können sich das nur schwer
leisten. „Ein Turnier ist immer wie ein Urlaub: sehr nett, aber auch
teuer,“ sagt der 23-jährige Golli. Für die Junioren-Bundesauswahl und junge
Nationalspieler gibt es immerhin einen Förderverein.
Ultimate ist derzeit im Umbruch. Eine Aufnahme in DOSB und IOC ist
angedacht, was vor allem finanzielle Unterstützung mit sich brächte. Diese
wäre aber mit Auflagen wie Dopingkontrollen und Spielerpässen verbunden,
die von einigen Spielern als unnötige Bürokratisierung abgelehnt werden.
Außerdem gibt es seit Kurzem ein Unternehmen, das Turniere wie die
nationale Meisterschaft gewinnorientiert ausrichtet und mit dem Slogan „We
bring Ultimate Spirit to Business“ wirbt.
Daran gibt es zwar von Spielerseite Kritik, alternative Ausrichter fehlen
auf Grund von mangelnden Sportanlagen mit ausreichender Größe allerdings
oft. Zudem gibt es bisher kaum Sponsoren. Ob diese kommerziell agierenden
Unternehmen mit der Spielphilosophie vereint werden könnten, ist zudem
unklar. Da scheint es fast paradox, dass sich ein großer Spielwarenkonzern
den Begriff „Frisbee“ rechtlich geschützt hat, sodass die Sportart ofiziell
nur noch „Ultimate“ heißen darf.
Die Schritte zur Professionalisierung des Sportes stoßen auf geteiltes
Echo. Während den diesjährigen Meisterschaften hat am Ende der Sport und
der Spirit of the Game im Mittelpunkt gestanden. Bei den Frauen hat sich
Köln durchgesetzt, bei den Herren haben die Heilbronner ihren Titel
verteidigen können, auch ohne Schiedsrichter und großes Sponsoring.
13 Sep 2012
## LINKS
[1] http://www.frisbeesportverband.de/sportarten/ultimate.html
[2] http://worldgames2013.com.co/
[3] http://www.frisbeesportverband.de/
[4] http://theaudl.com/
## AUTOREN
Lars-Ole Müller
## TAGS
Fußball
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