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# taz.de -- Berlin Art Week: Überall offene Türen
> Die Berlin Art Week ist als Ersatz für die eingestellte Messe ein Erfolg.
> Sie zeigt: In Berlin geht die Kunst noch durch die dicksten Wände.
Bild: Auch zur Art Week angereist: „Expedition-Bus and Shaman-Travel“ (2002…
„Mit wem muss man hier ficken, um ausgestellt zu werden?“ Diese Frage haben
sich womöglich schon manche Kunststudierende insgeheim auf den Kunstmessen
der Welt gestellt. Ekachai Eksaroj darf sie öffentlich stellen. Auf der
Berliner Kunstmesse Preview prangt der Satz derzeit in einem niedlichen
kleinen Stickrahmen, Kostenpunkt: 250 Euro. Die Karriere kann beginnen.
Das Werk des 34-jährigen Künstlers ist kein billiger Werbegag. Die vor acht
Jahren in einem Hangar des Flughafens Tempelhof von drei Galeristen
gegründete Kunstmesse Preview fördert neue Talente und Formate. In ihrem
„Focus Academy“ zeigt sie Absolventen deutscher Kunsthochschulen. In diesem
Jahr gehört Eksaroj, der in Kassel Kunst studiert hat, dazu. Sein Auftritt
beweist, dass das Bild vom Kunstbetrieb als Exklusionssystem nur begrenzt
stimmt.
Denn Offenheit und Vielfalt sind generell Kennzeichen des neuen Berliner
Kunstherbstes. Er trägt seinen Geschlossenheit androhenden Titel „Berlin
Art Week“ nur aus Gründen des Marketings. Eine konzertierte Aktion aus
Senat und Kunstinstitutionen wollte damit den plötzlichen Tod der
kränkelnden Kunstmesse Art Forum im vergangenen Herbst kaschieren.
## Raus aus der Zwangsjacke
Demonstrativ bekennt sich auch die abc contemporary zu dieser neuen
Offenheit. Ihr exklusives Gebaren legt die aus einer neunköpfigen
Galeristeninitiative hervorgegangene Messe im Postbahnhof am Kreuzberger
Gleisdreieck langsam ab. Nach der Zwangsjacke Malerei, in die sie ihre
Teilnehmer im letzten Jahr steckte, konnten sich die 129 Galerien in diesem
Jahr für Einzelpräsentationen öffnen.
Mit dem durch eine mobile Architektur raffiniert inszenierten Parcours
hochkarätiger Positionen von Altstars wie John Armleder bis zum jüngsten
Documenta-Liebling Theaster Gates hat die abc ihre neue Rolle als
kommerzielles Gravitationszentrum des Kunstherbstes eindrucksvoll
bestanden. Und sich mit einem „Basar“ sogar eine Diskursplattform zugelegt,
aus dem noch etwas werden kann.
Das schaffte sie, ohne den anderen Beiträgern der Art Week die Schau zu
stehlen. Etwa Christian Boros’ Hochbunker in der Berliner Mitte. Der
Medienunternehmer hat die 3.000 Quadratmeter große, viel besuchte Sammlung
in seinem legendären Kunsttempel völlig ummöbliert. Statt Anselm Reyle,
Tobias Rehberger und Kitty Kraus hängen nun die Saisonlieblinge Alicja
Kwade, Klara Lidén und Ai Weiwei. Doch auch leere Häuser haben ihren Reiz.
Wie die „Open House“-Party von Johann König bewies.
## Wozu noch ein Zentrum?
Die entweihte Kirche St. Agnes in Kreuzberg, die der Galerist in ein
Kunstquartier umbauen will, machte die Besucher der Art Week fast
neugieriger als die vier Nominierten des Preises der Nationalgalerie oder
Arno Brandlhubers Betonarchipel im Neuen Berliner Kunstverein (n.b.k.).
Diese polyzentrische Suchlandschaft der Berliner Kunst funktioniert so gut,
dass das immer wieder aufkeimende Gerücht, irgendein unbekannter Global
Player wolle das Berliner Art Forum wiederaufleben lassen, plötzlich wie
eine Drohung wirkt. Wozu ein Zentrum, wenn sich überall in der Stadt Türen
und Räume öffnen?
Das scheinbar von den Straßen in Boros’ Bunker gespülte Treibholz von
Olafur Eliasson ist ein schönes Bild dafür. Oder die Installation „The Line
of Fire“ von Manon Awst und Benjamin Walther.
Der Pfeil in dem Werk, der in der einen Wand des hermetischen Showrooms von
Boros’ Sammlung steckt, muss von draußen abgeschossen worden sein. Sonst
hätte der Hausherr nicht ein kreisrundes Loch durch den 1,80 Meter dicken
Stahlbeton auf der gegenüberliegenden Seite bohren lassen müssen. In Berlin
geht die Kunst eben noch durch die dicksten Wände.
15 Sep 2012
## AUTOREN
Ingo Arend
Ingo Arend
## TAGS
Neu-Berlinern
Schwerpunkt Rassismus
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