# taz.de -- Berlin Art Week: Verfechter des Museums | |
> Der Chef des Getty Trust, Jim Cuno, macht eine Stippvisite in Berlin. Er | |
> signalisiert: Getty kommt zur Kunst, nicht umgekehrt. | |
Bild: Das Getty-Center in Los Angeles hilft weltweit, kulturelles Erbe zu siche… | |
„Eine Festung, errichtet gegen die Welt.“ Mit diesem Bild bedachte Rosalind | |
Krauss 1997 eine aufsehenerregende Institution. Die amerikanische | |
Kunsthistorikerin störte sich an der Symbolik des gerade eröffneten | |
Getty-Centers. Auf den Hügeln von West Los Angeles erhob sich der weiß | |
schimmernde Komplex des Stararchitekten Richard Meier, der ein Museum mit | |
über 50.000 Kunstwerken, ein Forschungsinstitut mit der größten | |
Kunstbibliothek der USA, ein Konservierungs-Center und die Stiftung des | |
Ölmagnaten und Philanthropen J. Paul Getty beherbergt – weit entfernt von | |
den Menschen, hoch über der Stadt. | |
Solche Kritik hört man inzwischen seltener. Millionen Besucher konnten das | |
Center besichtigen, Hunderte Stipendiaten zu luxuriösen Bedingungen | |
forschen. Überall in der Welt hilft Getty das kulturelle Erbe sichern: vom | |
Katharinenkloster am Berg Sinai bis zu Syriens antiken Mosaiken. Und in | |
Indien unterrichtet Thomas Gaethgens, der Direktor des | |
Getty-Research-Institute, junge Kunsthistoriker. | |
Wie ein Festungskommandant nimmt sich auch der Herr dieses Kunstolymps | |
nicht aus. Jim Cuno, ein 61-jähriger Kunsthistoriker, seit einem Jahr Chef | |
des Getty Trust, gilt als leidenschaftlicher Verfechter des | |
„Enzyklopädischen Museums“, das er als „Argument gegen nationalistische | |
Essenzialismen“ versteht. Vergangenes Wochenende kam er für einen Tag nach | |
Berlin, um mit Museumsleuten und Journalisten zu plaudern. | |
Das hätte er nicht gemusst. So wichtig ist das Marketing-Event der Berlin | |
Art Week, das diese Woche die aufgelöste Kunstmesse Art Forum Berlin | |
ersetzen soll, auch wieder nicht. Für die Ankündigung, dass Getty plane | |
eine Nachfolgeschau für die Kunstausstellung „Pacific Standard Time“, die | |
im Frühjahr in Berlin gastierte, hätte es eine Pressemitteilung getan. | |
Und für Cunos Eröffnung, dass er einen sozialistischen Urgroßvater aus | |
Deutschland hatte, war der holzgetäfelte Lunchroom im hippen Soho House der | |
falsche Ort. Trotzdem hatte der Blitzbesuch des Chefs der reichsten | |
Kunststiftung der Welt in der bankrotten Weltkunststadt Berlin Symbolkraft: | |
Das Getty, signalisierte Cuno, kommt zur Kunst. Und nicht umgekehrt. | |
10 Sep 2012 | |
## AUTOREN | |
Ingo Arend | |
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