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# taz.de -- Kommentar Blasphemie: Beruhigt euch!
> Über die Motive für das Schmähvideo und die Mohammed-Karikaturen lässt
> sich spekulieren. Die Empörung darüber teilen die meisten Muslime
> jedenfalls nicht.
Bild: Nicht hilfreich: Die westliche Angstlust.
Warum haben manche Leute in den USA und Europa nichts Besseres zu tun, als
sich über einen Glauben lustig zu machen, dem in den eigenen Ländern nur
eine Minderheit anhängt?
Über die Motive [1][evangelikaler Christen] und [2][französischer
Satiremagazine], sich vorzugsweise den Islam als Zielscheibe für Spott und
Häme auszusuchen, lässt sich lange spekulieren. Man könnte sie auch einfach
ignorieren – wenn da nicht die Fanatiker wären, die von Karthum bis
Karatschi vor westlichen Botschaften demonstrieren und ihren Kritikern den
Gefallen tun, genau dem Klischeebild zu entsprechen, das von ihnen
gezeichnet wird.
Doch die Proteste sind nicht repräsentativ für die Muslime insgesamt. Es
sind vielmehr die üblichen Verdächtigen, die – wie schon beim Streit über
die dänischen Mohammed-Karikaturen vor sieben Jahren – auch jetzt wieder
laut und brutal die Berichterstattung prägen. Auch der Anschlag auf die
US-Botschaft in Bengasi oder das Selbstmordattentat in Kabul ist nicht
typisch für die Proteste, die in den meisten Ländern friedlich verlaufen.
Viel spricht dafür, dass örtliche Al-Qaida-Kader dahinterstecken.
Militante Dschihadisten, radikale Islamisten und islamistische Regime im
Iran und im Sudan wollen den Zorn über die Islamschmähungen im Westen für
ihre Zwecke nutzen, um die moderaten Kräfte in der Region in die Enge zu
treiben. Doch die arabische Welt hat sich seit dem Arabischen Frühling
gewandelt.
Die meisten Menschen dort sehnen sich nicht nach radikalen Parolen, sondern
nach Freiheit, Brot und Arbeit. Und die Stimmen gegen die islamistischen
Hardliner sind lauter geworden: In Bengasi haben schockierte Bürger ihre
Abscheu über den Mord an dem beliebten US-Botschafter auf die Straße
getragen, in Ägypten haben konservative Autoritäten wie der TV-Prediger
Jussuf al-Qaradawi die Gewalt klar verurteilt.
Fehl am Platz ist deshalb die Angstlust, mit der manche im Westen jetzt vor
einem „Flächenbrand“ warnen. Es ist zwar richtig, an ausländischen
Botschaften in der Region die Sicherheitsvorkehrungen zu verstärken; doch
die überwältigende Mehrheit der 1,5 Milliarden Muslime weltweit hat – wie
schon beim Karikaturenstreit vor sieben Jahren – andere Sorgen, als sich
über Kunst zu echauffieren.
Ein guter Grund, an alle Seiten zu appellieren: Beruhigt euch!
20 Sep 2012
## LINKS
[1] /Hetzvideo-von-Evangelikalen-gedreht/!101643/
[2] /Karikaturen-in-Frankreich/!101986/
## AUTOREN
Daniel Bax
## TAGS
Gotteslästerung
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