| # taz.de -- Gerichtsurteil gegen US-Agenten: Imam zu Unrecht von CIA entführt | |
| > Ein italienisches Gericht verurteilt CIA-Mitarbeiter zu Haftstrafen. Sie | |
| > hatten in Mailand einen Prediger als mutmaßlichen Terroristen gekidnappt. | |
| Bild: Abu Omar 2007 vor einem Gericht im ägyptischen Alexandria. | |
| ROM taz | Dem am 17. Februar 2003 in Mailand von der CIA auf offener Straße | |
| entführten ägyptischen Imam Abu Omar widerfährt Gerechtigkeit. Das | |
| italienische Kassationsgericht verurteilte am Mittwoch in letzter Instanz | |
| 23 US-Agenten zu Haftstrafen zwischen sieben und neun Jahren. | |
| Außerdem ordnete das Geicht einen neuen Prozess gegen zwei italienische | |
| Geheimdienstchefs an, die in der Vorinstanz freigesprochen worden waren. | |
| Das Gericht bestätigte auch die Entschädigungszahlung in Höhe von 1,5 | |
| Millionen Euro an das Opfer und dessen Frau. | |
| Die Entführungsaktion lief seinerzeit ab wie in einem Agentenfilm: Als Abu | |
| Omar morgens auf dem Weg zu seiner Moschee war, wurde er auf offener Straße | |
| vor den Augen diverser Passanten von dem CIA-Trupp in einen Kombi gezerrt, | |
| zu einer US-Luftwaffenbasis gefahren und über Ramstein nach Ägypten | |
| ausgeflogen. | |
| In Haft wurde Abu Omar monatelang gefoltert – wie viele andere Opfer, die | |
| die CIA entführte und in Foltergefängnisse verbrachte. Erst im Jahr 2007 | |
| kam Abu Omar, der mit al-Qaida rein gar nichts zu tun hatte, wieder frei | |
| und lebt seitdem in Ägypten. | |
| ## Amateurhaftes Verhalten der Agenten | |
| In Mailand stellten sich die US-Agenten damals recht dumm an. Der | |
| italienischen Justiz war es ein Leichtes, Hotelrechnungen und | |
| Handy-Verbindungsdaten zu sichern und so die Bewegungsprofile rund um den | |
| Tatort zu erstellen. | |
| Bei den Ermittlungen kristallisierte sich heraus, das der italienische | |
| Geheimdienst informiert war und Amtshilfe geleistet hatte. Deshalb stand in | |
| dem 2007 eröffneten Prozess auch der damalige Geheimdienstchef Nocolò | |
| Pollari samt Stellvertreter und zwei externen Mitarbeitern vor Gericht. | |
| ## Zum Staatsgeheimnis erklärt | |
| In den beiden ersten Instanzen wurden die US-Angeklagten sowie die zwei | |
| externen Zuträger verurteilt. Die beiden Geheimdienstchefs kamen straflos | |
| davon. Sowohl die Rechtsregierung unter Berlusconi als auch das | |
| Mitte-links-Kabinett unter Prodi hatten in den Jahren 2004 und 2007 die | |
| italienische Beteiligung an der Entführung zum Staatsgeheimnis erklärt. | |
| Deshalb, so die Justiz, hätten sich die Geheimdienstchefs nicht adäquat | |
| verteidigen können. | |
| Diese Interpretation verwarf jetzt das Kassationsgericht: Es handle sich in | |
| den vorinstanzlichen Urteilen um eine exzessive Auslegung, befand das | |
| oberste Gericht, da Staatsgeheimnisse nicht vor der Bestrafung von | |
| Verbrechen schützen dürften. Deshalb müssen die beiden Geheimdienstchefs | |
| sich nun erneut einem Prozess stellen, in dem ihnen bis zu zwölf Jahre Haft | |
| drohen – dies war bereits die Forderung der Staatsanwaltschaft in den | |
| Vorinstanzen. | |
| Aus dem scheinbar folgenlosen Urteil der Vorinstanz – die Verurteilten aus | |
| den USA Psind allesamt weit weg – wurde jetzt ein überaus brisanter | |
| Richterspruch. Denn zum einen kann es gut sein, dass demnächst die | |
| italienischen Mittäter zu Strafen verurteilt werden, die sie effektiv | |
| absitzen müssen. Zum anderen gerät Italiens Regierung in große | |
| Verlegenheit: Auf der Basis des Urteils müsste sie jetzt die Auslieferung | |
| der amerikanischen Täter vorantreiben. | |
| 20 Sep 2012 | |
| ## AUTOREN | |
| Michael Braun | |
| ## TAGS | |
| CIA | |
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