# taz.de -- Reaktionen in Europa: Jesus-Heirat schlägt Mohammed-Film | |
> Keine Demo-Aufrufe, verhaltene Reaktionen, nur Kurzmeldungen in den | |
> Medien: In Europa lässt der Provo-Film die Muslime kalt. | |
Bild: Mediales Randthema: Protest vor der US-Botschaft in Kopenhagen. | |
## Großbritannien | |
Am letzten Sonntag demonstrierten rund 1.000 Menschen vor der US-Botschaft | |
in London gegen den antiislamischen Film. Aufgerufen hatten die Islamisten | |
von Hizb ut-Tahrir, die die Tories schon seit 2010 verbieten wollen. Das | |
ist bisher nicht geschehen. Nazreen Nawaz, Sprecher von Hizb ut-Tahrir, | |
begründete die Proteste damit, dass der Film in den USA produziert und | |
beworben wurde. Ansonsten sind die Reaktionen eher verhalten. | |
Die Regierung hat sich nicht geäußert, nur Expremier Tony Blair nannte den | |
Film „lächerlich“. Doch diejenigen, die dagegen demonstrieren, seien „se… | |
gefährlich und im Unrecht“. Der seit 23 Jahren mit einer Todesfatwa belegte | |
Schriftsteller Salman Rushdie nannte den Film „ein bösartiges Stück Dreck�… | |
Dennoch sei es „unzivilisiert, die USA für alles verantwortlich zu machen, | |
was im Land passiert. Das ist Scheiße.“ | |
## Italien | |
Etwa eine Million Menschen aus islamischen Ländern leben in Italien – doch | |
bisher sind öffentlich wahrnehmbare Reaktionen auf den Film völlig | |
ausgeblieben: Sit-ins, wütende Demonstrationen oder Fahnenverbrennungen gab | |
es nirgends. Nur der in Italien stärkste islamische Verband UCOII – er | |
steht den Muslimbrüdern nahe – meldete sich in der letzten Woche mit einem | |
Kommuniqué. Darin verurteilte er zunächst den Mord an dem US-Botschafter in | |
Libyen scharf, ebenso wie die „vorgeschobenen islamischen Motive“. | |
Dann aber spricht der Verband von einer „infamen Provokation“; der Film | |
schmähe den Propheten und beleidige mehr als eine Milliarde Muslime. | |
Aufrufe an die Gläubigen zu irgendwelchen Reaktionen fehlten jedoch völlig. | |
So sorgt sich Italiens Regierung bisher vor allem um die Sicherheit ihrer | |
Vertretungen in den islamischen Ländern. | |
## Skandinavien | |
Die dänische Zeitung Jyllands-Posten mag seit ihrer berühmten | |
Veröffentlichung 2005 die Mutter aller Mohammed-Karikaturen-Medien sein. | |
Doch dass eine französische Satirezeitschrift erneut zu diesem | |
auflagensteigernden Marketingtrick gegriffen hatte, war ihr am Dienstag | |
weit weniger berichtenswert als die Meldung, Jesus sei wohl verheiratet | |
gewesen. Das Blatt steht mit dieser Nachrichtengewichtung in Skandinavien | |
nicht allein. | |
Natürlich hatte es der Tod des US-Botschafters in Libyen noch auf die | |
Titelseiten geschafft. Doch seither sind die Nachrichten auf | |
Kurzmeldungsformat geschrumpft. Eine öffentliche Debatte? Fehlanzeige. Dem | |
Stockholmer Aftonbladet immerhin war Anfang dieser Woche die „Muslim-Wut“ | |
noch einen Text wert: der sich über das entsprechende „Muslim | |
Rage“-Titelbild des US-Nachrichtenmagazins Newsweek lustig machte. | |
19 Sep 2012 | |
## AUTOREN | |
R. Sotscheck | |
M. Braun | |
R. Wolff | |
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