# taz.de -- Hamburger CDU lehnt Frauenquote ab: Keine Macht den Frauen | |
> In der Hamburger CDU haben Frauen kaum Karrierechancen. Landeschef Marcus | |
> Weinberg scheitert beim Versuch, das zu ändern. | |
Bild: Na, wo sind sie denn, die Frauen? In wichtigen Parteiämtern und den Parl… | |
Marcus Weinbergs Auftritt vor dem CDU-Landesausschuss wirkt blutleer. Als | |
würde er die eigene Niederlage vorausahnen, hält der Hamburger CDU-Chef auf | |
dem kleinen Parteitag ein zurückgenommenes Plädoyer für die Einführung | |
einer Frauenquote in der Hamburger CDU, für einen Antrag, den er hinter den | |
Kulissen seit Wochen in zähen Verhandlungen mit einer Unzahl | |
Parteigliederungen vorbereitet und temporeich vorangetrieben hat. | |
Er wolle die Quote auch nur einführen, „um sie irgendwann überflüssig zu | |
machen“, erklärt er, doch sei es schließlich „nicht zu übersehen, dass w… | |
seit Jahren nicht genügend Frauen in Führungspositionen bekommen“. Seit | |
sich die profilierte Rechtspolitikerin Viviane Spethmann aus der Hamburger | |
Bürgerschaft „aus persönlichen Gründen“, die viele Parteifreunde mit | |
„Mobbing“ übersetzen, zurückgezogen hat, sind nur noch vier der 28 | |
CDU-Bürgerschaftsabgeordneten weiblich. | |
Weinberg will die Hamburger CDU erneuern, zu einer „modernen | |
Großstadtpartei“ formen. Da passt die weitgehende Frauenabstinenz nicht ins | |
Bild. Um ein Signal zu setzen, hat Weinberg einen „Kompromissantrag“ | |
initiiert, der in weiten Teilen nur nachvollzieht, was in der | |
CDU-Bundessatzung schon seit den 80er-Jahren steht und damit für Hamburg | |
längst auch gilt. | |
Es ist ein „Quote light“-Antrag, der für wichtige Parteigremien vorsieht, | |
dass jeder dritte Posten von einer Frau besetzt wird, die Listen für die | |
Wahlen von der Bezirksversammlung bis hin zur Bundestagswahl aber „aus | |
juristischen Gründen“ ausspart. Der kleinste Nenner – aber an diesem Abend | |
nicht einmal ein gemeinsamer. | |
Wer am Donnerstagabend durch die Flure des Wilhelmsburger Bürgerhauses | |
streift, dem bleibt nicht verborgen, dass die Stimmung contra Quote ist. | |
Hier wie auch im Saal, wo über eine Stunde lebhaft über die Frauenfrage | |
diskutiert wird, beherrscht ein Bündnis der alten Männer und der jungen | |
Frauen die Stimmung. Die einen wollen die Quote nicht, weil die Hamburger | |
CDU schon immer ein ganz respektabler Männerverein war. Die anderen lehnen | |
sie ab, weil sie glauben, sie für ihre eigene Karriere nicht zu brauchen | |
und sich nicht als „Quotenfrauen“ fühlen wollen, sollten sie denn mal in | |
der Partei was werden. Von „Quotenschnickschnack“ ist die Rede. | |
Zwei Frauen sind es, die die Debatte an diesem Abend prägen. Katharina | |
Wolff, eine der vier verbliebenen weiblichen CDU-Abgeordneten kommentiert | |
einen Alternativantrag der Jungen Union, der eine „starke Förderung von | |
Frauen in der CDU“ anmahnt, „starre Quotenregelungen aber ablehnt“. Wer d… | |
Quote wolle, „glaubt, das Frauen es alleine nicht schaffen und | |
Steigbügelhalter brauchen“, sagt sie und erhält dafür donnernden Applaus. | |
Karin Prien, die für einen weitergehenden Antrag der Frauen-Union an diesem | |
Abend in die Bütt steigt, kritisiert hingegen die „traditionell gewachsenen | |
männlichen Strukturen in der Hamburger CDU“ und den oft „abschreckenden | |
Umgang miteinander“, der vor allem Frauen abstoße. | |
Denn obwohl die Hamburger CDU sich rühmen kann, mit rund 40 Prozent den | |
höchsten weiblichen Mitgliederanteil aller 16 Landesverbände aufzuweisen, | |
ist das weibliche Geschlecht in allen wichtigen Parteiämtern und den | |
Parlamenten stark unterrepräsentiert: 33 der insgesamt 138 | |
Kreisvorstandsmitglieder sind Frauen und nur 21 der 81 CDU-Abgeordneten der | |
Bezirksversammlung. | |
Weil man in der Hamburger CDU zwar inzwischen kontroverser debattiert, aber | |
immer noch ungern gegen die Position des Landesvorstandes und von | |
Landeschef Weinberg stimmt, haben 56 Abgeordnete eine geheime Abstimmung | |
beantragt. Deren Ergebnis ist eindeutig: Mit 90 zu 60 Stimmen wird die | |
Quote abgelehnt, die Anträge der Jungen Union und der Frauen-Union fahren | |
noch verheerendere Abstimmungsniederlagen ein. Alle drei Anträge werden | |
abgeschmettert und damit der Stillstand festgeschrieben. | |
Der Frust ist den Quoten-KämpferInnen ins Gesicht geschrieben. „Wir werden | |
genau beobachten, was jetzt passiert und diesen Antrag jedes Jahr wieder | |
einbringen“, sagt Prien mit versteinerter Miene. | |
Und Weinberg lobt und lobt erst einmal die „offene, konstruktive Debatte“, | |
bevor er eingesteht, das das Ergebnis ihn „persönlich enttäuscht“. | |
„Beschädigt“ sieht er sich nicht durch die Abstimmungsniederlage; doch | |
einige Anwesende sehen genau das anders. „Schreibt bloß nicht, ich hätte | |
eine Klatsche bekommen“, gibt er den anwesenden Journalisten zum Schluss | |
mit auf den Weg. | |
21 Sep 2012 | |
## AUTOREN | |
Marco Carini | |
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Frauenquote | |
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