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# taz.de -- Kommentar Rentendiskussion in der SPD: Die Rente mit 67 ist nicht s…
> Sigmar Gabriels immer neue Rentenvorschläge sind Schadensbegrenzung: Er
> muss die Gerechtigkeitskrater der Schröder-Regierung stopfen.
Es ist nicht ganz einfach, bei den Rentenvorschlägen der SPD noch den
Überblick zu behalten. Eine Teilrente für 60-Jährige, ein paar Milliarden
Euro mehr für Erwerbsminderungsrentner, dazu noch eine Betriebsrente plus.
Vor allem Frauen, die in mies bezahlten Vollzeitjobs gearbeitet haben,
sollen eine Solidarrente von 850 Euro bekommen. Und wer körperlich hart auf
dem Bau geschuftet hat, soll schon vor 65 Jahren aufs Altenteil dürfen,
wenn er 45 Jahre rentenversichert war. Die SPD versucht sich an einem
Feuerwerk von Vorschlägen, Ausnahmen, Sonderregelungen. Das sei eben die
nötige Antwort auf eine zerklüftete, individualisierte Arbeitswelt.
In manchem stimmt das. Es ist ja richtig, dass der Bau- oder
Schichtarbeiter, der mit 17 Jahren zu malochen begann, ohne finanziellen
Verlust schon mit 63 in Rente darf – nicht aber der Redakteur, der erst mit
27 sein Job anfing. Das ist gerecht, gerade weil Ärmere mit wenig Bildung
fünf Jahre früher sterben als Akademiker, was bei der Rentendebatte zu
wenig berücksichtigt wird.
Allerdings haben Gabriels immer neue Vorschläge einen profanen Grund.
Nirgendwo sonst hat die Schröder-Müntefering-SPD solchen Schaden
angerichtet wie bei der Rente. Es war die SPD, die via Riester-Rente der
Versicherungsindustrie ein hübsch eingepacktes Milliardengeschenk gemacht
hat, gegen das die Hotelsteuer der FDP wie Peanuts wirkt. Es war Franz
Müntefering, der rabiat die Rente mit 67 durchsetzte, die gerade Arbeiter
und Ärmere treffen wird.
Das Resultat der von der SPD verantworteten Rentenpolitik ist deprimierend:
Jede(r) dritte Deutsche wird in Zukunft im Alter arm sein. Wer nichts erbt,
kein eigenes Haus hat und nicht zur Mittelschicht gehört, wird in zwanzig
Jahren im Alter mit Hartz IV auskommen müssen. Wenn man von einer Rückkehr
der Klassengesellschaft reden kann, dann bei der Rente.
SPD-Chef Sigmar Gabriel hat den undankbaren Job, die kratergroßen
Gerechtigkeitslücken, die die Müntefering-Ära hinterließ, irgendwie
zuzuschütten, ohne aber demonstrativ mit der Schröder-Müntefering-SPD zu
brechen. So sieht das SPD-Konzept auch aus. Die Rente mit 67 bleibt, aber
für immer mehr Gruppen soll es Ausnahmen geben. Das wirkt so, als würde ein
Mechaniker an einem Wagen immer neue Stellschrauben justieren. Das Auto
aber rollt noch immer in die falsche Richtung.
24 Sep 2012
## AUTOREN
Stefan Reinecke
## TAGS
Riester-Rente
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