| # taz.de -- Debatte um Deutsche Sportförderung: Kritiker auf Kreta | |
| > Bekommen deutsche Spitzenathleten genug Geld? Wer bekommt wie viel und | |
| > warum, fragt sich der organisierte Sport nach Olympia. | |
| Bild: „Die Versickerung, die Verteilung des Geldes ist undurchsichtig“, fin… | |
| Viele deutsche Olympiateilnehmer machen derzeit Urlaub unter azurblauem | |
| Himmel. Ein Reiseveranstalter hat sie in die Ferienanlage Kalimera Kriti | |
| auf Kreta eingeladen. Man könnte also sagen, es geht den deutschen | |
| Sportassen nicht schlecht. Aber wenn man sich die Meldungen anschaut, die | |
| vom Mittelmeer aus nach Deutschland gelangen, dann zerbrechen sich unsere | |
| Olympioniken Tag und Nacht den Kopf über die optimale Förderung des | |
| deutschen Spitzensports. | |
| Diskuswerfer Robert Harting geht, so ließ er übermitteln, „vieles auf den | |
| Senkel“. Deutschlands obersten Sportfunktionär, Thomas Bach, findet er zum | |
| Beispiel „selbstgefällig und einfach blass“. Und überhaupt: Es sei zu wen… | |
| Geld da für die Topleute, es werde schlecht und intransparent verteilt. | |
| Selbst Michael Ilgner, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Sporthilfe, | |
| stimmte in den kretischen Chor der Klagenden ein: „Erfolg wird | |
| sozialisiert, das Risiko aber ist individualisiert.“Allgemeiner Tenor: Der | |
| Sportler ist der Depp, er kann noch so sehr strampeln und Podien besteigen, | |
| am Ende nagt er doch am Hungertuch. Das sei ein unhaltbarer Zustand. | |
| Alles müsse auf den Prüfstand, denn nicht nur die Existenzen „unserer | |
| sympathischen Botschafter Deutschlands und des deutschen Sports“ (der | |
| blasse Bach – ob er damit auch Harting meint?) seien gefährdet, sondern | |
| auch die Größe der deutschen Sportnation an und für sich. | |
| ## Die Köpfe der Funktionäre rauchen | |
| Aber es sind nicht nur die Sportler, die sich Gedanken machen übers Geld. | |
| Auch die Köpfe der Funktionäre rauchen. Ganz viel gerechnet und ganz viele | |
| Excel-Tabellen erstellt hat der Deutsche Tischtennis-Bund (DTTB). | |
| Herausgekommen ist ein Positionspapier, das nun auf dem Tisch des blassen | |
| Sportchefs Bach liegt und ihm überhaupt nicht gefällt. | |
| DTTB-Präsident Thomas Weikert bemängelt „die derzeit grotesk überhöhte | |
| Förderung von Sportarten, hinter denen keine Breitensportbewegung steht und | |
| deren gesellschaftspolitischer Nutzen deswegen naturgemäß begrenzt ist“. | |
| Die Förderung dieser Sportarten solle auf ein „vernünftiges Maß | |
| zurückgeführt werden“, fordert der Tischtennismann. Konkret rechnet er vor, | |
| dass im Eisschnelllauf jedes Vereinsmitglied 1.406,76 Euro vom Staat | |
| bekommt, jeder Tischtennisspieler aber nur 1,34 Euro. | |
| Das sei unverhältnismäßig. Die Bedeutung des Breitensports werde „krass | |
| benachteiligt“. Auch mangele es bei der Verteilung der Sportgelder, | |
| immerhin 200 Millionen Euro im Jahr, an der erforderlichen „Transparenz, | |
| Begründbarkeit und Verständlichkeit“. Bisher lief es im deutschen Sport | |
| immer nach Schema F: Wer besonders viele olympische Medaillen versprach, | |
| der bekam auch relativ viel Geld. | |
| Deshalb dürfen sich auch die Bob- und Schlittenfahrer sowie die Fechter | |
| über relativ viel Geld freuen, wohingegen die Volleyballer oder Segler in | |
| die Röhre schauen. Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) versucht nun, | |
| das DTTB-Schreiben kleinzureden. Rainer Brechtken, Sprecher der | |
| Spitzenverbände im DOSB und Verbandschef der Turner, erklärte, vieles von | |
| dem, was Weikert fordere, sei längst umgesetzt. | |
| ## „Bürokratisierung der Förderung“ | |
| Auch von anderer Seite wird die DOSB-Spitze unter Druck gesetzt – von | |
| Christian Breuer. Er ist ein ehemaliger Eisschnellläufer und aktuell | |
| Vorsitzender der Athletenkommission im DOSB. Er hat auch ein Papier | |
| verfasst, das die Mitglieder des Bundestags-Sportausschusses erreicht hat. | |
| Gestern Nachmittag, nach Redaktionsschluss dieser Ausgabe, diskutierten die | |
| Sportpolitiker über Fragen der Förderung. | |
| Breuer beklagt die „Bürokratisierung der Förderung“. Spitzensportverbände | |
| müssten „immer mehr Personal, Ressourcen, Mittel und Energie in das Füllen | |
| von Aktenordnern und Begründungen stecken“. Stattdessen sollten die Mittel | |
| schnell und direkt in die Athleten investiert werden. | |
| Nachahmenswert findet er das britische Modell „UK Sports“, mit dem | |
| Großbritannien bei den Londoner Spielen 40 Prozent mehr Medaillen gewonnen | |
| hat als in Peking vor vier Jahren. Groben Schätzungen zufolge hat der | |
| britische Staat für die Medaillenschwemme über eine Milliarde Euro | |
| ausgegeben – ein Vielfaches des deutschen Sportetats. Breuer kritisiert | |
| auch die chronische Unterfinanzierung der Nationalen Antidoping-Agentur | |
| (Nada). | |
| 2013 wird das Innenministerium Mittel kürzen, um eine Million Euro soll es | |
| sich handeln. Bundesländer und Wirtschaftsunternehmen haben auch kein | |
| rechtes Interesse daran, den Antidopingkampf finanziell zu unterstützen, | |
| weswegen Breuer moniert: „Erfolge sollen verbucht werden, aber die | |
| Glaubwürdigkeit eben dieser sollen andere finanzieren.“ Das ist ein | |
| interessanter Punkt. Warum hat Robert Harting eigentlich noch nichts dazu | |
| gesagt? | |
| 28 Sep 2012 | |
| ## AUTOREN | |
| Markus Völker | |
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