Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Italiens größtes Stahlwerk: Giftfabrik soll schließen
> Zu viel Feinstaub, Dioxin und Kohlenmonoxid: Ein Gericht ordnet an, das
> größte Stahlwerk des Landes zu schließen. Die Gewerkschafter sind uneins.
Bild: Schmutzige Stahlküche: Die Luft über Tarent ist voll mit giftigem Dreck.
ROM taz | Umwelt oder Jobs – im italienischen Tarent sorgen im Konflikt um
das Stahlwerk Ilva derzeit diese zwei Sichtweisen für enorm viel Krach.
Empört blockierten Stahlarbeiter auch am Freitag die Straßen der apulischen
Stadt, um die Schließung ihrer Fabrik per Gerichtsbeschluss zu verhindern.
Gleichzeitig blockierten aufgebrachte Umweltschützer die Lkw-Ausfahrten des
Ilva-Werks, um der Justiz den Rücken zu stärken. Der seit Juli schwelende
Konflikt um das größte Stahlwerk Italiens geht damit in die zweite,
offenbar vorerst letzte Runde.
Ilva-Arbeiter hatten das Problem bereits am Donnerstag auf Protestplakaten
auf den Punkt gebracht: „Wenn man nicht arbeitslos stirbt, dann stirbt man
vergiftet“. Im Juli hatte ein Gericht in Tarent große Teile der
Produktionsanlagen – Kohle- und Erzhalden, mehrere Hochöfen und die Kokerei
– beschlagnahmt.
Der durch zahlreiche Gutachten untermauerte Vorwurf: Systematisch habe Ilva
mit zu viel Dioxin, Feinstaub, Kohlenmonoxid und weiteren Schadstoffen die
Menschen in der Stadt vergiftet und die Krebsrate hochgetrieben. Deshalb
wurde ein Strafverfahren gegen den Ilva-Eigner Emilio Riva, dessen Sohn
sowie sechs Manager eingeleitet, alle wurden in U-Haft genommen.
## Unzureichendes Sanierungskonzept
Ilva reichte umgehend ein Sanierungskonzept ein. Der Plan: Mit
Investitionen von 400 Millionen Euro sollten die Anlagen saniert, dabei
aber weiterbetrieben werden. Dieser Plan wurde am Mittwoch von der
zuständigen Untersuchungsrichterin abgeschmettert. „Unangemessen, ja
geradezu bestürzend“ fand Richterin Patrizia Todisco die Vorschläge: Viel
zu wenig Geld wolle Ilva für die Sanierung ausgeben.
Deshalb erging die Weisung, das Werk komplett dichtzumachen. Vor allem die
Stilllegung des Hochofens 5 würde die Stahlproduktion in Tarent weitgehend
zum Erliegen bringen. Etwa 11.500 Ilva-Arbeiter und weitere Tausende bei
Subunternehmen könnten bald arbeitslos sein. Der Ilva-Vorstand will in die
nächste Instanz gehen.
Das Werk, gelegen im strukturschwachen Süden, befindet sich damit wohl vor
dem Aus. Das ist industrie- wie arbeitsmarktpolitisch in der gegenwärtigen
Krise ein Albtraum für Gewerkschaften wie Regierung.
Doch gerade die Arbeitnehmervertreter sind tief gespalten. Die beiden
Metallerverbände FIM und UILM riefen zum Streik. Die linke FIOM dagegen
fürchtet, die Arbeiter würden so zu Handlangern der Eigentümerfamilie Riva.
Diese sei nun in der Pflicht, mit „enormen Investitionen“ das Stahlwerk
endlich technisch und ökologisch auf Vordermann zu bringen.
Noch radikaler ist die Haltung des Komitees „Freie und denkende Bürger und
Arbeiter“. Einige Hundert von ihnen gingen am Donnerstag ebenfalls auf die
Straße – gegen die Gewerkschaften. „Nicht die Stadt, sondern Ilva
blockieren“, das müsse die Marschroute sein, verkündete das Komitee, die
Menschen in Tarent seien „der Lügen und der Spielchen, die der Eigentümer
Riva mit den Gewerkschaften treibt, überdrüssig“.
28 Sep 2012
## AUTOREN
Michael Braun
## TAGS
Italien
Italien
Stahlwerk
## ARTIKEL ZUM THEMA
Umweltskandal in Italien: Mit Applaus von links
Das ILVA-Stahlwerk verseuchte die italienische Stadt Tarent. Der linke
Präsidenten von Apulien bejubelte den Manager des Werks trotzdem.
Stahlwerk in Italien: Dreckschleuder produziert weiter
Gerichte schließen ein berüchtigtes Stahlwerk in Tarent. Die Regierung hebt
per Dekret den Beschluss wieder auf – mit einem Verweis auf den
Arbeitsmakt.
Schadstoffe in Italiens Metallindustrie: Zwangsurlaub für Stahlarbeiter
Die Chefs des süditalienischen Ilva-Stahlwerks schicken 5.000 Beschäftigte
nach Hause. Gegen die Besitzer wurden Haftbefehle ausgestellt.
Debatte Italienische Justiz: Aggressive Richter und Staatsanwälte
Schon wieder haben in Italien Staatsanwälte und Richter das Versagen der
Regierung ausgebügelt. Dabei gehen sie auch gegen „linke“ Parteigänger vo…
Umweltzerstörung in Italien: Geld soll alle Wunden heilen
Für 336 Millionen Euro will Italiens Regierung die Umwelt in Tarent
sanieren, die durch Emissionen des Ilva-Stahlwerks belastet ist. Um einen
Umbau der Produktion geht es nicht.
Kommentar Luftverschmutzung in Italien: Richter sorgen für Gesundheit
In Tarent wurde ein Stahlwerk stillgelegt, weil es die Luft verseuchte.
Wieder einmal ist es nur die Justiz, die etwas bewirkt.
Luftverschmutzung in Italien: Unglaubliche Mengen von Dioxin
Die italienische Justiz beschlagnahmt ein Stahlwerk in Tarent, weil es die
Luft verpestet. Die Eigner werden verhaftet, die Arbeiter sind erbost.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.