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# taz.de -- Erdrutsche im Tagebaugebiet: Nach der Kohle kommt das Wasser
> Die Lausitz will sich zur Urlaubslandschaft mausern. Doch Seen und Wege
> werden immer öfter gesperrt. Nun will Vattenfall einen Tagebau erweitern.
Bild: Unsicherer Boden: Beim Erdrutsch in Nachterstedt starben 2009 drei Mensch…
DRESDEN taz | Die Lausitz muss in unerwartet hartnäckiger Weise mit den
Folgen des Braunkohletagebaus kämpfen. Das Lausitzer Seenland im östlichen
Brandenburg und Sachsen wirbt mit seinen zahlreichen gefluteten Tagebauen
für sich selbst als „Urlaubsregion im Entstehen“. Doch immer öfter stehen
Radler und Wanderer vor gesperrten Wegen und Seen. Der Campingplatz am
gesperrten Silbersee ist praktisch ausgestorben.
Zwar sind die als „Setzungsfließen“ bezeichneten Rutschungen an künstlich
wieder aufgeschütteten Tagebauwänden während der Sanierungsphase nicht
ungewöhnlich. Dennoch kam auch für die Experten die bislang größte
Rutschung dieser Art am Bergener See nördlich von Hoyerswerda überraschend.
Im Oktober 2010 war rund ein Quadratkilometer Fläche in den entstehenden
See abgerutscht. Bis heute sind die in der Region bereits angelegten
Radwege und Straßen gesperrt.
Uwe Steinhuber, Sprecher der Lausitzer und Mitteldeutschen
Bergbau-Verwaltungsgesellschaft (LMBV), erklärt die vorsorglichen
Sperrungen mit einer „neuen Sensibilität“ nach dem Erdrutsch von
Nachterstedt in Sachsen-Anhalt, bei dem 2009 drei Menschen starben. In den
letzten beiden Jahren seien durch den Wiederanstieg des Grundwassers und
durch starke Niederschläge größere Sackungsgefahren entstanden als
prognostiziert.
Aus dem gleichen Grund sind auch schon seit Jahrzehnten genutzte
Tagebauseen geschlossen worden. Am Silbersee bei Lohsa rutschte bei
Verdichtungsarbeiten für einen Bahndamm Gelände ab. Vom kommenden Jahr an
wird auch der benachbarte Knappensee, bereits zu DDR-Zeiten ein beliebtes
Naherholungsgebiet für die Einwohner von Hoyerswerda, für
Sanierungsarbeiten gesperrt.
## Rutschungen häufen sich auffällig
In auffälliger Weise haben sich in diesem Jahr auch Rutschungen in noch
aktiven Tagebauen gehäuft. Menschen konnten sich glücklicherweise
rechtzeitig in Sicherheit bringen. Nach einem Vorfall in Jänschwalde im
März kippte beispielsweise Ende August in Schleenhain ein 900 Tonnen
schwerer Abraumbagger einfach um. „Ereignisse, die es früher nicht gab“,
kommentiert Jana Pinka, Mineralogin und Abgeordnete der Linken im
Sächsischen Landtag. „Das sind typische Probleme, wenn man gleichzeitig
ehemalige Tagebaue fluten und aktive Tagebaue weiter entwässern will.“
Dieses Problem könnte sich noch zuspitzen, wenn Vattenfall seinen
Braunkohle-Tagebau bei Welzow nach Südwesten erweitert. Zwischen dem
derzeit entstehenden See im Sedlitzer Restloch und dem aktiven Tagebau
entstünde dann angesichts von 60 Meter Höhenunterschied ein enormer
Wasserdruck.
Anlass zur Sorge sehen vor allem die Einwohner von Lieske: Ihr Ort läge
dann nur noch auf einem 500 Meter breiten Steg zwischen See und erweitertem
Tagebau. Ein Durchbruch, der den ganzen Ort abrutschen ließe, sei nicht
ausgeschlossen, befürchtet der beauftragte Geologe Ralf Krupp.
Gegen eine Genehmigung dieser Erweiterung gibt es bereits 5.000
Einwendungen. Abhilfe soll eine 10 Kilometer lange und 100 Meter tiefe
Dichtwand bringen. Ein teures, aber erprobtes Verfahren. Doch der Bund für
Umwelt- und Naturschutz sieht in einer eigenen Expertise das Restrisiko des
geplanten Verlaufs und schlägt eine alternative Dichtwand vor. „Wir
brauchen eine Gesamtlösung“, fordert Pinka. Sie verweist auf kaum
kontrollierbare Wasserströmungen und vor allem den generellen
Grundwasseranstieg in der Region. Um großflächiges Pumpen werde man wohl
nicht herumkommen.
1 Oct 2012
## AUTOREN
Michael Bartsch
Michael Bartsch
## TAGS
Lesestück Recherche und Reportage
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