# taz.de -- Geldgeber-Rechte beim Crowdfunding: Fass ohne doppelten Boden | |
> Die Crowdfunding-Plattform Kickstarter verschärft seine Regeln um | |
> Geldgeber zu schützen. Bei jedem Projekt muss nun auf „Risiken und | |
> Probleme“ hingewiesen werden. | |
Bild: Mit den Ideen anderer Geldverdienen ist das legitime Ziel der Crowfunding… | |
Über die [1][Crowdfunding-Plattform Kickstarter] kann jedermann ein Projekt | |
bewerben, dafür Geld von anderen einsammeln und dann das versprochene tun – | |
oder auch lassen. Sängerin Amanda Palmer [2][sammelte fast 1,2 Millionen | |
US-Dollar] von ihren Unterstützern ein, eines von laut Firmenangaben über | |
30.000 erfolgreichen Finanzierungsprojekten. Und ist eines von insgesamt | |
zwölf, die mehr als eine Million Dollar einsammelten. Ein | |
[3][3D-Drucker-Projekt] sammelte vor wenigen Tagen in 24 Stunden mehr als | |
800.000 Dollar ein. Bis zum Montag stieg die eingenommene Summe auf über | |
1,3 Millionen US-Dollar. | |
Kickstarter sei [4][„kein Laden“], erinnern die Macher. Doch manche der | |
Nutzer verstehen die Plattform anders: als Vorfinanzierungsplattform. Wer | |
Amanda Palmer mehr als 50 Dollar gab, soll zum Dank eine Vinylscheibe ihres | |
so finanzierten Albums erhalten. Das Spielekonsolen-Projekt Ouya, das 8,5 | |
Millionen Dollar einsammelte, will seinen Unterstützern ab 95 Dollar mit | |
einer der selbstentwickelten Spielkonsole danken. | |
Ob ein Projektvorschlag seriös ist, ob der Einreichende ihn auch umsetzen | |
will oder ob er realistisch ist, dafür fühlt sich Kickstarter kaum | |
verantwortlich. Ganz so, wie auch seine Artgenossen mit illustren Namen wie | |
Indiegogo, Inkubato oder Startnext. Das zu prüfen obliege [5][im Grundsatz | |
den GeberInnen] („backers“), so die Idee. | |
Weil es daran vehement Kritik gab, gibt es nun neue Regeln gibt: ab sofort | |
muss jedes Projekt bei Kickstarter auch eine [6][„Risiken und | |
Probleme“-Angabe] machen („What are the risks and challenges this project | |
faces, and what qualifies you to overcome them?“). Und fotorealistische | |
Abbildungen von Produkten, die bislang nur auf dem Papier existieren sind | |
zukünftig verboten. Eigentlich könnte es Kickerstarter egal sein, ob ein | |
Projekt floppt. | |
## Fünf Prozent für die Betreiber | |
Die Plattform verdient an jedem „erfolgreichen“ Projekt. Fünf Prozent der | |
gegebenen Summe gehen an die Betreiber. Und „erfolgreich“ meint nur eines: | |
ausfinanziert. Doch kaum etwas könnte verheerender für die Crowdfunder | |
sein, als eine wachsende Anzahl an Betrugsprojekten oder solchen, die nach | |
der Finanzierung in der Umsetzung scheitern. | |
Noch steht auf der Website: „Du wirst niemals irgendwelche Beträge, die Du | |
über Kickstarter bekommen hast, zurückzahlen müssen.” Doch auch dieser | |
Grundsatz scheint zu wackeln. Tatsächlich erinnert der Vorgang an die | |
frühen Zeiten von Plattformen wie e-Bay: zu Beginn gab es dort kaum Regeln, | |
bis Betrüger sich dort zu tummeln anfingen. Wer heute „mal eben“ etwas ver- | |
oder ersteigern will, sieht vor lauter Regeln kaum mehr den Charme, den die | |
Onlineauktionen einmal gehabt haben sollen. | |
AirBnB, die Wohnungsvermietplattform, musste nach den ersten Missbräuchen | |
ebenfalls schärfere Regeln einziehen. Statt an Erlebnisklicken erinnert | |
heute manche ehemals so hippe Plattform eher an die Bürokratie eines | |
Behördenganges. Wie auch Ebay und AirBnB ist Kickstarter als eine | |
kommerzielle Firma an den Start gegangen. Ihr – überaus legitimes – Ziel | |
ist es, selbst Geld zu verdienen. | |
## Themengebiete verboten | |
Weshalb sie sich auch vom Start weg einige heikle Themengebiete komplett | |
verboten hat: Babyprodukte, Kosmetik, Pornografie, Waffen und Medikamente | |
sind beispielsweise auf der Plattform nicht zugelassen. Hier, dies hat | |
Kickstarter schon früh bemerkt, droht Ungemach. Dass dieser auch an anderen | |
Stellen lauern kann, ist eine der Erfahrungen, die die Betreiber nun | |
gemacht haben. | |
Am Ende ist der Weg voraussehbar: die Crowdfunding-Plattformen werden den | |
Verwaltungskostenanteil erhöhen, daraus eine Art Versicherungssumme bilden | |
und bei im Nachhinein gescheiterten Projekten zumindest einen Teil der | |
geleisteten Zahlungen zurückerstatten. Ob das noch spannend sein kann, | |
entscheiden dann die Nutzer. | |
1 Oct 2012 | |
## LINKS | |
[1] http://www.kickstarter.com/ | |
[2] http://www.kickstarter.com/projects/amandapalmer/amanda-palmer-the-new-reco… | |
[3] http://www.kickstarter.com/projects/formlabs/form-1-an-affordable-professio… | |
[4] http://www.kickstarter.com/blog/kickstarter-is-not-a-store | |
[5] http://www.kickstarter.com/help/faq/kickstarter%20basics?ref=nav | |
[6] http://www.kickstarter.com/blog/kickstarter-is-not-a-store | |
## AUTOREN | |
Falk Lüke | |
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