# taz.de -- Kommentar Tag der offenen Moschee: Geht doch mal in die Moschee! | |
> Der „Tag der offenen Moschee“ ist nicht zufällig am 3. Oktober. Das | |
> verbindende mit deutschen Muslimen kann noch stärker herausgestellt | |
> werden. | |
Es ist ein Geburtstag im Schatten der breiten öffentlichen Wahrnehmung. An | |
diesem Mittwoch feiert der „Tag der offenen Moschee“ sein 15. Jubiläum. | |
Seit 1997, dem Europäischen Jahr gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit, | |
putzen die islamischen Religionsgemeinschaften am 3. Oktober ihre | |
Gotteshäuser heraus, um sich der bundesdeutschen Mehrheitsgesellschaft zu | |
präsentieren. | |
Am Nationalfeiertag wollen sie damit demonstrieren, dass der Islam und | |
seine AnhängerInnen integraler Bestandteil des vereinigten Deutschland | |
sind. Glaubt man den Angaben des Koordinationsrats der Muslime (KRM), haben | |
von Aachen bis Zweibrücken insgesamt 666 Moscheen ihr Feiertagsgewand | |
angelegt. | |
Es wäre falsch, diese Initiative der Öffnung zu überhöhen. Trotzdem ist das | |
unterbreitete Angebot wichtig. Immer noch wissen die wenigsten christlich | |
geprägten Deutschen aus eigener Anschauung, wie es in den Moscheen der | |
Republik von innen aussieht. Der „Tag der offenen Moschee“ bietet eine | |
Gelegenheit, die gleichwohl reichhaltigen eigenen Meinungen und Vorurteile | |
zumindest mit jenem Ausschnitt der Realität abzugleichen, der den | |
BesucherInnen dargeboten wird. | |
Werden viele christliche Deutsche die Chance nutzen? Eher nicht. Das ist | |
schade. Es hätte den jahrelang erbittert geführten Streit um die neue | |
Zentralmoschee der Türkisch-Islamische Union (Ditib) im Kölner Stadtteil | |
Ehrenfeld wesentlich entspannt, wenn sich einst mehr KölnerInnen mit | |
eigenen Augen das heruntergekommene Fabrikgebäude angeschaut hätten, das | |
bis zu seinem Abriss den Muslimen als Moschee dienen musste. So manche | |
Propaganda gegen den Neubau wäre ins Leere gelaufen. Vielerorts müssen | |
Muslime nach wie vor unter unwürdigen Bedingungen ihrem Glauben in | |
Deutschland nachgehen. | |
In Köln ist das inzwischen anders. Die repräsentative Zentralmoschee ist | |
fast fertig. Es ist ein gelungener Bau, der die Domstadt schmückt. Für den | |
heutigen Tag hat Ditib die Kölner Bevölkerung eingeladen, erstmalig nicht | |
nur von außen zu bewundern, was hier entstanden ist. | |
Allerdings offenbart das Rahmenprogramm ein weiteres Problem. Geboten | |
werden neben Moscheeführungen noch Literatur- und Kunstausstellungen, | |
Musik- und Tanzvorführungen und ein Architekturvortrag, ganz nachdem | |
diesjährigen bundesweiten Motto: „Islamische Kunst und Kultur“. | |
Ein zeitloses Motto – das knapp ein Jahr nach der Aufdeckung des | |
Nationalsozialistischen Untergrund (NSU), der auch in Köln seine Opfer | |
suchte, nicht auf der Höhe der Zeit wirkt. Es gäbe viel zu diskutieren, | |
nicht nur über rechtsextremistischen Terror: Vom Kölner Beschneidungsurteil | |
bis zum antiislamischen Hassfilm „Innocence of Muslims” und den Reaktionen | |
darauf, über realexistierende Integrationsprobleme und ihre Ursachen bis zu | |
einer sich wieder ausbreitenden Fremdenfeindlichkeit, die sich diesmal als | |
„Islamkritik“ tarnt, jedoch wie früher „Ausländer raus“ meint. Der �… | |
Moschee“ böte eine hervorragende Möglichkeit zum Dialog und zur | |
konstruktiven Auseinandersetzung. | |
Auch wenn es ketzerisch klingen mag: Warum keine Diskussionsveranstaltung | |
in einer Moschee mit tatsächlichen Religionskritikern? Das wäre mutig und | |
spannend gewesen – und hätte demonstriert, dass die islamischen | |
Religionsgemeinschaften tatsächlich die gesellschaftlichen Realitäten in | |
der Bundesrepublik in ihrer ganzen Breite erfasst haben. Denn zu | |
Deutschland gehört zwar neben dem Christen- und dem Judentum | |
selbstverständlich auch der Islam. Aber genauso gehören dazu jene nicht | |
gerade wenigen Menschen, die an kein irgendwie geartetes höheres Wesen | |
glauben. Die Chance zum Dialog wurde leider nicht genutzt. Aber im | |
kommenden Jahr wird es ja wieder einen 3. Oktober geben. | |
3 Oct 2012 | |
## AUTOREN | |
Pascal Beucker | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Kirche wird Moschee: Tempel bleibt Tempel | |
In Horn wird eine ehemalige evangelische Kirche zu einer Moschee. Hier | |
treffen sich künftig Muslime, die rund zwanzig Jahre in einer Tiefgarage in | |
St. Georg beteten. | |
„Integration durch Ausbildung“: Lieber bloß appellieren | |
Das Wirtschaftsministerium setzt auf Worte, um Berufe für migrantische | |
Jugendliche zu finden. Da kam eine türkisch-deutsche Veranstaltung gerade | |
recht. | |
Islamlehrer Hikmet Gökdemir über Sport und Religion: "Das Schicksal wollte es… | |
Eigentlich wollte Hikmet Gökdemir weiter als Fußball-Trainer arbeiten. | |
Jetzt ist er einer der ersten Muslime, die in Niedersachsen Islam an einer | |
weiterführenden Schule unterrichten | |
Türkischer Botschafter in Deutschland: „Wir haben mehr Fragen als zuvor“ | |
Noch immer fühlen sich viele Migranten bedroht, sagt der türkische | |
Botschafter Hüseyin Karslioglu. Der deutsche Staat könne mehr dagegen tun. |