# taz.de -- „Integration durch Ausbildung“: Lieber bloß appellieren | |
> Das Wirtschaftsministerium setzt auf Worte, um Berufe für migrantische | |
> Jugendliche zu finden. Da kam eine türkisch-deutsche Veranstaltung gerade | |
> recht. | |
Bild: Auftakt zur „Integration durch Bildung“: Diskussionsrunde im Türkisc… | |
BERLIN taz | Viele wohlmeinende Appelle waren das wichtigste erste Ergebnis | |
der deutsch-türkischen Veranstaltungsreihe „Integration durch Ausbildung“, | |
die am Dienstag im Türkischen Haus in Berlin ihren Anfang nahm. | |
Vom Ausrichter, dem Bundeswirtschaftsministerium, kam Staatssekretär Ernst | |
Burgbacher (FDP), um Eltern, Unternehmen und migrantische Jugendliche an | |
Nutzen und Wert der betrieblichen Ausbildung zu erinnern. Bildung sei „ein | |
Weg gegen Arbeitslosigkeit“, erklärte Burgbacher. | |
Grund: Nur 16,5 Prozent der Jugendlichen mit Migrationshintergrund | |
absolvieren eine Ausbildung, bei den Deutschen hingegen sind es fast 50 | |
Prozent. Während von den übrigen Biodeutschen die meisten Abitur machen, | |
ist dies bei den migrantischen jungen Leuten nur zu elf Prozent der Fall. | |
Für Schulabgänger türkisch-arabischer Herkunft sind die Chancen auf einen | |
Ausbildungsplatz sogar noch geringer. | |
Die Initiative „Integration durch Ausbildung“ will nun den anständig | |
ausgebildeten Einstieg ins Berufsleben erleichtern. Neben Burgbacher | |
forderte auch der türkische Botschafter Avni Karslioglu mehr Engagement | |
aller Beteiligten - auch der Unternehmen, die Ausbildung endlich als Chance | |
sehen sollten, an qualifizierte Fachkräfte zu kommen. | |
Fachkräfte mit Migrationshintergrund seien in Zeiten der Globalisierung | |
eine besondere Bereicherung, so Nihat Sorgeç vom Bildungswerk Kreuzberg. Er | |
sieht Bilingualität und Bikulturalität als Wettbewerbsvorteile. Leider | |
zeige sich aber bei vielen der betroffenen Jugendlichen eine „doppelte | |
Halbsprachigkeit“: Sie seien „Rohdiamanten, die erst noch geschliffen | |
werden müssen“, erklärte Sorgec. | |
## 320 Ausbildungsberufe | |
Im Bildungswerk Kreuzberg gibt es daher neben anderen berufsvorbeitenden | |
Maßnahmen Deutsch- und Türkischkurse. Die Initiative des Bundesministeriums | |
soll nun junge Menschen gezielt für solche Programme anwerben. In | |
Zusammenarbeit mit Schulen, türkischsprachigen Medien, Moscheen, sowie den | |
Generalkonsulaten will man möglichst viele Jugendliche und Eltern über | |
Ausbildungsangebot und Hilfestellungen informieren. | |
320 Ausbildungsberufe gibt es laut Ministeriumsvertreter Heinz Ackermann, | |
die meisten Jugendlichen ahnten wohl gar nicht, welche Möglichkeiten es | |
neben Kfz-Mechatroniker und Einzelhandelskauffrau gebe. | |
Eine staatlich festgelegte Quote für migrantische Jugendliche in Betrieben, | |
wie oft gefordert, hält man im Bundesministerium allerdings nicht für | |
zielführend. Stattdesssen setzt man darauf, Vorbehalte bei den Arbeitgebern | |
abzubauen. | |
Wegen des demographischen Wandels bleiben seit einigen Jahren immer mehr | |
Ausbildungsplätze unbesetzt. 1,6 Millionen Auszubildende gab es 2008. Zwei | |
Jahre später waren es nur noch 1,5. | |
Auch für ein anonymisiertes Bewerbungsverfahren – im hochqualifizierten | |
Bereich wird es aktuell mancherorts erprobt – wollte sich das | |
Bundesministerium nicht aussprechen. Ackermann gab zwar zu, dass andernorts | |
gute Erfahrungen damit gemacht worden seien. Man wolle aber erst einmal | |
abwarten, ob sich das Problem möglicher Diskriminierung nicht auch anders | |
lösen lasse. Er verwies darauf, dass durch die Knappheit an jungen Menschen | |
die Nachfrage von selbst steige. | |
Die aktuellen Zahlen sprachen für ihn: 2010 gab es 77.200 Auszubildende mit | |
Migrationshintergrund, immerhin 4.000 mehr als 2008 – ein Anstieg. | |
2 Oct 2012 | |
## AUTOREN | |
Franziska Haack | |
## TAGS | |
Auszubildende | |
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