# taz.de -- INTEGRATIONSINDIKATOREN: "Da herrscht Stillstand" | |
> Der zweite Bericht zum Berliner Integrationskonzept offenbart nur wenig | |
> Fortschritte, dafür aber viele Versäumnisse. | |
Bild: Händeschütteln allein bringt wenig: Berlins Regierender Bürgermeister … | |
Mit einem „Integrationsgipfel“ im Roten Rathaus und vor Hunderten geladenen | |
Gästen feierte der Berliner Senat sein Integrationskonzept. Das sollte | |
anhand vielfältiger Indikatoren Erfolge integrationspolitischer Bemühungen | |
in der Hauptstadt messbar machen. So geschehen im Jahr 2007. Fünf Jahre | |
später liegt nun die zweite Auswertung dieser Integrationsindikatoren vor. | |
Dass der Bericht – bereits vor zwei Wochen still und leise vom Senat | |
beschlossen – von der Öffentlichkeit nahezu unbemerkt blieb, ist wohl | |
Absicht. Denn lange schon kritisiert die Opposition, dass viele Beschlüsse | |
des Konzepts nicht umgesetzt wurden. Große Erfolge sind ebenso wenig zu | |
verzeichnen. | |
So ist etwa der Anteil der SchulabgängerInnen ohne Abschluss bei | |
Jugendlichen mit Migrationshintergrund auch fünf Jahre nach Beschluss des | |
Konzepts noch doppelt so hoch wie der von SchülerInnen ohne | |
Einwanderungsgeschichte. Und während die Arbeitslosenquote bei Deutschen | |
leicht gesunken ist, ist sie bei AusländerInnen gestiegen. Auch die Zahl | |
von Menschen, die staatliche Hilfen beziehen, ist bei den MigrantInnen mit | |
über 29 Prozent immer noch weit mehr als doppelt so hoch wie bei Menschen | |
ohne Migrationshintergrund. | |
„Skandalös“ nennt das die Abgeordnete und integrationspolitische Sprecherin | |
der Berliner Grünen, Susanna Kahlefeld: Es sei „nichts geschehen“. Mit | |
mehreren kleinen Anfragen an die Senatsverwaltung für Integration hatte | |
Kahlefeld bereits in den vergangenen Wochen aufgedeckt, dass viele | |
Erfolgsindikatoren bis heute gar nicht erhoben werden. Grund dafür sei, | |
dass „die Daten derzeit in Berlin nicht erhoben“ würden, lautete damals die | |
sinnfreie Begründung der Senatsverwaltung. Zuständig für die Umsetzung der | |
mit dem Konzept beschlossenen Datenabfragen wäre die Verwaltung übrigens | |
selbst. | |
Auch im aktuellen Auswertungsbericht fehlen diese Indikatoren – etwa die | |
Anzahl von LehrerInnen und ErzieherInnen mit Migrationshintergrund. Das sei | |
„unbefriedigend“, die Erhebung „dringend geboten“, heißt es dazu im | |
Kommentar. Dass man selbst die Erhebung hätte umsetzen müssen, dazu | |
verliert die Verwaltung im Bericht kein Wort. | |
Auf Nachfragen der taz zu den Lücken bei der Datenerhebung hatte die | |
Pressestelle von Integrationssenatorin Dilek Kolat (SPD) bereits Anfang | |
September mitgeteilt: Kolat werde „dem Senat empfehlen, das Indikatorenset | |
zu überarbeiten“. Dass im Bericht solche Empfehlungen nun überhaupt nicht | |
zu finden sind, erklärt die Pressestelle nun damit, dass ihr bei der | |
Beantwortung der damaligen Anfrage „ein Fehler unterlaufen“ sei, und gibt | |
zu: „Der Bericht enthält diese Empfehlung nicht.“ | |
Auch ansonsten gibt es im Bericht zum einst so stolz angekündigten | |
Integrationskonzept keine Aussagen darüber, ob und wie die Auswertung | |
integrationspolitischer Maßnahmen künftig fortgesetzt werden soll. Die | |
Oppositionelle Kahlefeld vermutet dahinter „große Ratlosigkeit“: Der | |
Integrationsverwaltung fehle ein Konzept für die Zukunft. Es herrsche | |
„totaler integrationspolitischer Stillstand“. | |
Aus der Senatsverwaltung für Integration heißt es, man wolle den Berliner | |
Integrationsmonitor überarbeiten. Darüber werde dann beizeiten auch das | |
Abgeordnetenhaus informiert. Ein Beschluss dazu sei aber „noch nicht | |
erfolgt“. | |
1 Oct 2012 | |
## AUTOREN | |
Alke Wierth | |
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