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# taz.de -- Rechtsextremismus: NPD-Chef stattet Polizei aus
> NPD-Landeschef Sebastian Schmidtke bietet in seinem Laden auch Ausrüstung
> für Polizisten an - die scheinen ihre Stiefel tatsächlich bei ihm zu
> kaufen.
Bild: Geht von ihnen jemand ins Hexogen?
Dass die Polizei im und vor dem Nazi-Laden „Hexogen“ von NPD-Landeschef
Sebastian Schmidtke öfter Einsätze fährt, ist nachvollziehbar. Schließlich
ist die Brückenstraße in Schöneweide, in der der Laden zu Hause ist,
Berlins Neonazihochburg. Schmidtkes Laden, in dem es Schlagstöcke,
Elektroschocker und Rucksäcke für paramilitärische Lager zu kaufen gibt,
ist ein wichtiger Treff- und Stützpunkt der rechten Szene, in der Straße
werden immer wieder szenetypische Gewaltstraftaten verübt. Im Mai fand die
Polizei bei einer Razzia im Laden mehrere hundert Exemplare einer
indizierten Musik-CD, die die NPD auf Schulhöfen verteilt hatte.
Doch Polizeibeamte scheinen auch privat im Hexogen zu verkehren – als
Kunden. Und wenn man Schmidtkes Äußerungen glaubt, decken sie sich bei ihm
mit Ausrüstungen für ihren Dienst ein.
„Ausrüstung für Polizeibeamte“ ist laut Eigenwerbung bereits seit mehreren
Monaten im Sortiment des Hexogen, der seinen Namen nach einem im Zweiten
Weltkrieg verwendeten Sprengstoff trägt. Gegenüber der taz gibt Schmidtke
an, Polizisten würden vor allem „Polizeihemden, Polizeikoppel und Schuhwerk
kaufen, das vom Senat nicht mehr bezahlt wird“. Polizeikoppel sind Gürtel,
an denen man Waffen befestigen kann. Schmidtke schätzt, dass etwa zehn
Polizeibeamte pro Monat bei ihm derartige Ausrüstungsgegenstände erwerben.
„Mit steigender Tendenz – vor allem, seit ich den Zivilprozess gegen den
Vermieter gewonnen habe“. Da ging es darum, ob der NPD-Chef seinen Laden
räumen muss. Er musste nicht.
Polizeisprecher Michael Merkle bestätigt, dass seiner Behörde Gerüchte über
polizeiliche Kunden in dem Laden vorlägen. „Erstmalig wurde der Polizei im
Mai intern bekannt, dass laut nicht weiter verifizierbarer Informationslage
Polizeibeamte in dem Geschäft Hexogen als Käufer verkehren sollen“, so
Merkle. Namen von Kollegen, die dort oder über das Internetangebot des
Ladens einkaufen, lägen der Polizeiführung jedoch nicht vor.
Merkle zufolge stellt das Land Berlin allen Polizisten ihre
Ausrüstungsgegengestände. „Wenn eine Mütze oder ein Koppel im Einsatz
verloren gehen, kann man das über den Dienstherrn nachbestellen, ohne dass
das sanktioniert wird.“ Es gebe natürlich Kollegen, die Sonderwünsche für
Ausrüstungsgegenstände haben, die sie sich dann selbst kaufen müssten –
etwa spezielle Handschuhe oder bequeme Stiefel. Gerade bei Schuhen sei ein
Selbstkauf sogar ziemlich üblich, weil die manchmal schneller verschleißen,
als sie ersetzt werden, und manche Kollegen dabei eigene Vorstellungen
hätten.
Handlungsempfehlungen, wie Kollegen mit Kaufangeboten des Naziladens
umgehen sollen, befinden sich Merkle zufolge derzeit in Arbeit. Er verweist
aber auch darauf, dass der Verkauf von Polizeiausrüstungsgegenständen legal
ist, solange sie kein Hoheitszeichen der Behörde tragen. Hoheitszeichen
würden die meisten Polizeihemden tragen, Koppel und Schuhe dagegen nicht.
## Aufklärung gefordert
Clara Herrmann, Rechtsextremismusexpertin der Grünen, erwartet von der
Polizei eine lückenlose Überprüfung der Vorgänge. „Genau wie es zivilen
Polizeibeamten im Dienst untersagt ist, Nazimarken zu tragen, müsste es
selbstverständlich sein, den Kauf von Ausrüstungsgegenständen in Naziläden
zu untersagen. Denn das unterstützt Nazistrukturen und verleiht den Rechten
Akzeptanz“, sagt sie. Ihr Kollege Hakan Tas von der Linkspartei begrüßt die
Erarbeitung der Handlungsempfehlungen durch die Polizeiführung. „Ich werde
im Innenausschuss darauf drängen, dass das auch kontrolliert wird.“
7 Oct 2012
## AUTOREN
Marina Mai
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