# taz.de -- Gericht pro A100: Leipzig gibt die Piste frei | |
> Das Bundesverwaltungsgericht genehmigt die Verlängerung der A100. Am | |
> Lärmschutz muss der Senat jedoch noch deutlich nachbessern. | |
Bild: Freie Fahrt voraus: Leipzig macht den Weg für die A100 frei. | |
Nun ist es also entschieden: Die A 100 darf von Neukölln nach Treptow | |
verlängert werden. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig wies am Mittwoch | |
die Klagen von mehreren AnwohnerInnen, dem Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg | |
sowie dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) gegen den | |
Planfeststellungsbeschluss zurück. Allerdings ordneten die Richter | |
Nachbesserungen am Lärmschutz an. Damit sind die juristischen Mittel gegen | |
das Projekt weitestgehend ausgeschöpft. Die Bauarbeiten sollen im kommenden | |
Jahr beginnen. | |
Die Autobahngegner reagieren prompt: Um 13.40 Uhr betreten zwei Aktivisten, | |
einer mit der Maske des Regierenden Bürgermeisters Klaus Wowereit (SPD), | |
der andere mit der von Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) den | |
Balkon im zweiten Stock der Beermannstraße 22 in Treptow. Sie recken die | |
Arme in die Luft. Sekunden später segelt ein ganzer Schwung falscher | |
Geldscheine zu Boden – und landet etwa dort, wo in einigen Jahren einmal | |
die A100 entlangführen soll. Das Haus wird dem 3,2 Kilometer langen und | |
mehr als 475 Millionen Euro teuren Autobahnstückchen weichen müssen. | |
Beide Politiker hatten zuvor die Gerichtsentscheidung begrüßt. „Ich freue | |
mich über dieses eindeutige Urteil, das Klarheit für die A 100 schafft“, | |
ließ sich Wowereit am Mittwoch zitieren. Und Bundesverkehrsminister | |
Ramsauer bejubelte, dass mit der Verlängerung der A 100 „das teuerste Stück | |
Autobahn, das je in Deutschland gebaut wurde“, endlich entstehen könne. | |
Wirklich überraschend war das Urteil nicht. Bereits während der zweitägigen | |
Verhandlung Ende September hatten die Richter trotz vieler Kritikpunkte | |
ihre grundsätzliche Zustimmung zu dem Projekt signalisiert. Am Mittwoch | |
stellten sie klar, dass die Prognosen, auf deren Basis die künftigen | |
Schadstoff- und Lärmbelastungen des Projekts beurteilt würden, nicht zu | |
beanstanden seien. Auch gehen die Richter davon aus, dass der Verkehrslärm | |
dank der Verlängerung im gesamten Stadtgebiet abnehmen und die | |
Stauproblematik an der Anschlussstelle am Treptower Park beherrschbar | |
werden wird. Eine nähere Prüfung einer Alternativstrecke hielten die | |
Richter wegen „verkehrstechnischer Nachteile“ nicht für geboten. | |
Weitgehend frustriert nahmen die A-100-GegnerInnen die Leipziger | |
Entscheidung auf. „Enttäuschend ist, dass das Gericht zwar die deutlichen | |
Mängel der Planung erkannt hat, dann aber nicht konsequent war und den | |
Baubeschluss aufgehoben hat“, sagte Tilmann Heuser, Landesgeschäftsführer | |
des BUND. Eine Verbesserung wäre bereits die Neuplanung der Anschlussstelle | |
Treptower Park gewesen, um die Anwohner der Elsenstraße vom Verkehr zu | |
entlasten. | |
„Auch wenn der Weiterbau der Autobahn A 100 rechtlich zulässig ist, bleibt | |
er verkehrs- und finanzpolitischer Schwachsinn“, sagte der | |
verkehrspolitische Sprecher der Linksfraktion, Harald Wolf. Auch die | |
Grünen-Fraktion erklärte, dass das Projekt überflüssig und | |
verkehrspolitisch kontraproduktiv sei. | |
Einen Teilerfolg sehen die A-100-Gegner darin, dass zwei Gebäude in der | |
Beermannstraße mit insgesamt 118 Wohneinheiten nicht für das Projekt | |
abgerissen werden sollen. Der Senat hatte bereits während der mündlichen | |
Verhandlungen erklärt, dass man die Rampen für Auf- und Ausfahrt verlagern | |
werde. Zudem sollen in dem Abschnitt eine sechs Meter hohe Lärmschutzwand | |
und Schallschutzfenster die AnwohnerInnen besser schützen. | |
Juristisch ist gegen die A-100-Verlängerung nach dem Leipziger Urteil kaum | |
noch etwas machbar. „Wir warten noch auf die Urteilsbegründung“, sagte | |
Rechtsanwalt Karsten Sommer, der die Kläger vertreten hatte. Theoretisch | |
sei noch ein Gang vor das Bundesverfassungsgericht oder den Europäischen | |
Gerichtshof für Menschenrechte immerhin noch eine Option. | |
Sinnvoller scheint indes ein anderer Weg: „Wir werden jetzt auf der | |
politischer Ebene weiterarbeiten, um diesen Unsinn zu beenden“, sagte der | |
verkehrspolitische Sprecher der Grünen, Harald Moritz, der taz. Die | |
Hoffnung der A-100-Gegner ruht nun darauf, dass das | |
Bundesverkehrsministerium doch noch von der Finanzierung des Projektes | |
Abstand nimmt. Verkehrsminister Ramsauer rechnet mit Kosten von 450 bis 500 | |
Millionen Euro. Er gab sich zuversichtlich, dass der Bau noch in der ersten | |
Jahreshälfte 2013 beginnen könnte. Allerdings ist das Geld bisher nicht im | |
Bundeshaushalt eingeplant. | |
10 Oct 2012 | |
## AUTOREN | |
Johannes Kulms | |
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