# taz.de -- A 100: Senat bremst Kläger aus | |
> Senatskanzlei droht Bürgermeister Schulz: Wenn dessen Bezirk | |
> Friedrichshain-Kreuzberg gegen die Autobahn prozessiert, muss Schulz | |
> eventuell persönlich zahlen. | |
Bild: Die A100 sei "im Gesamtinteresse der Stadt", glaubt die Senatskanzlei. | |
Die Senatskanzlei droht dem Bezirksbürgermeister von | |
Friedrichshain-Kreuzberg, Franz Schulz (Grüne): Wenn sein Bezirk weiter | |
gegen die Autobahn 100 klagt, muss er gegebenenfalls persönlich die Kosten | |
zahlen. Die Senatskanzlei von Klaus Wowereit (SPD) fordert in dem | |
Schreiben, das der taz vorliegt, „dass der Bezirk von einer weiteren Klage | |
absieht. Sollte der Bezirk dennoch Klage erheben, sehe ich mich veranlasst, | |
Maßnahmen im Wege der Dienstaufsicht gegen Sie zu prüfen. Gegebenenfalls | |
werden Sie für die entstandenen Kosten in Regress genommen.“ | |
Die Senatskanzlei argumentiert, „dass eine Klage vor dem | |
Landesverfassungsgerichtshof unzulässig ist und darüber hinaus dem | |
dringenden Gesamtinteresse Berlins am Ausbau der A 100 widerspricht“. Zu | |
den Dienstpflichten eines Bezirksbürgermeisters gehöre „auch die | |
gewissenhafte Überprüfung der Erfolgsaussichten von Klagen“. Die | |
Senatskanzlei verweist darauf, dass zuletzt das Bundesverwaltungsgericht | |
eine Klage des Bezirks abgelehnt hatte. | |
Franz Schulz sagt, er sei völlig empört gewesen, als er den Brief las: „So | |
etwas ist mir in 20 Jahren Tätigkeit beim Bezirk noch nicht passiert.“ Er | |
empfinde das Schreiben der Senatskanzlei als „Maulkorb“ und meint: „Das i… | |
der Versuch, eine andere politische Meinung zum Schweigen zu bringen.“ | |
Eine Vorabprüfung durch die Senatskanzlei, ob eine Klage zulässig ist, ist | |
zudem gar nicht notwendig. „Wenn jemand Klage beim | |
Landesverfassungsgerichtshof erhebt, prüft das Verfassungsgericht selbst, | |
ob die Klage zulässig ist oder ob die Klage offensichtlich unbegründet | |
ist“, erklärt Margret Diwell, die bis März Präsidentin des | |
Landesverfassungsgerichts war. Wenn das der Fall ist, bekomme der Kläger – | |
hier also der Bezirk – einen entsprechenden Hinweis. | |
Oliver Igel, SPD-Bezirksbürgermeister von Treptow-Köpenick, kritisiert den | |
Brief der Senatskanzlei: Das sei ein „unglückliches Vorgehen“, sagt er. | |
„Ich erwarte, dass so etwas erst mal auf friedlichem Wege geklärt wird.“ | |
Auch wenn der Brief der Senatskanzlei beamtenrechtlich richtig sei, könne | |
er die öffentliche Diskussion über die Verlängerung der Autobahn neu | |
„befeuern“ und den Eindruck entstehen lassen, dass der Bezirk unterdrückt | |
werde. | |
„Beide Seiten schaukeln sich hoch“, sagt auch Christian Hanke, | |
SPD-Bezirksbürgermeister von Mitte. Das Verhalten des Bezirkes sei ohne | |
Zweifel eine Provokation, glaubt Hanke. „Die Senatskanzlei hingegen sagt: | |
Entweder tanzt du als Bezirk nach unserer Pfeife – oder es gibt die Keule.“ | |
Doch letztendlich tue der Regierende Bürgermeister nur seine Pflicht, weil | |
es bei der Klage um Steuermittel gehe. „Wir Bezirke sind eine nachgeordnete | |
Verwaltungseinheit“, stellt Hanke klar. Tatsächlich ist das Land Berlin | |
eine Einheitsgemeinde: Die Bezirke sind keine unabhängigen Gemeinden, | |
sondern Verwaltungseinheiten des Landes. Das Land hat damit erheblich | |
größere Möglichkeiten, auf die Bezirke Einfluss zu nehmen. | |
31 Oct 2012 | |
## AUTOREN | |
Sebastian Heiser | |
Johannes Kulms | |
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