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# taz.de -- Reformen in Nordkorea: In Pjöngjang bewegt sich was
> Seit der junge Kim Jong Un das stalinistische Regime führt, gibt es
> klitzekleine Anzeichen für Reformen. Sie zielen auf die Verbesserung des
> Lebensstandards.
Bild: Skeptische Blicke: Besucher einer – ja, wirklich – Delfinshow in Nord…
PEKING taz | Rhe Ky Sung hat es plötzlich eilig. Die vergangenen vier Jahre
hat der 26-Jährige in Chinas Hauptstadt Peking verbracht. Er ist Koch eines
nordkoreanischen Restaurants. Seine Landsleute hätten ihn um diese
Möglichkeit im Ausland beneidet, erzählt er. Doch nun wolle er schnell
zurück in seine Heimat. „In Nordkorea ist momentan einiges in Bewegung“,
berichtet er. Diesen Aufbruch wolle er nicht verpassen.
Rhes Einschätzung überrascht. Denn was derzeit aus der stalinistischen
Diktatur zu vernehmen ist, klingt kaum anders als zuvor. „Wenn die Feinde
nur ein Geschoss auf unser unverletzliches Staatsgebiet feuern, wird die
gesamte Armee zu einem umfassenden Gegenangriff aufmarschieren“, polterte
Nordkoreas neuer Führer Kim Jong Un noch im Sommer.
Seit Dezember 2011 im Amt, hört sich der vermutlich nicht einmal 29-Jährige
an wie sein Vater Kim Jong Il und Großvater Kim Il Sung. Und doch weht in
der politischen Führung ein neuer Wind, seit der junge Kim das Zepter
führt.
So fand kürzlich zum zweiten Mal in diesem Jahr eine Sitzung des Parlaments
statt. Sonst kamen die Parlamentarier nur einmal zusammen und nicken ab,
was die Führung vorgibt.
Schon vor der Sitzung hatte Kim mehrfach die Verbesserung des
Lebensstandards der Bevölkerung gefordert. So war von der Einführung von
Leistungsanreizen für Arbeiter und Bauern die Rede. Auch könne der Staat
künftig von den Kolchosen nur noch 70 Prozent der Getreideernte einfordern
und den Rest den Bauern zum Verkauf überlassen.
Die Parlamentssitzung ging ergebnislos zu Ende. Allein das ist ein Zeichen
von Öffnung, denn immerhin werden nun Kontroversen zugelassen.
## Hardliner musste gehen
Erste Anzeichen einer Liberalisierung gab es schon im Sommer, als das
Staatsfernsehen die Absetzung des einflussreichen Militärchefs Ri Yong Ho
verkündete. Der Hardliner war ein enger Vertrauter von Kims Vater.
Durchgesetzt hatte sich damit der Onkel des jungen Kim, Chang Sung Taek.
Der gilt als Reformer.
Von diesen Machtverschiebungen haben die 24 Millionen Nordkoreaner
allerdings bislang nur wenig mitbekommen. Ihr Pro-Kopf-Einkommen stagniert
weiter bei weniger als 80 US-Dollar im Monat. Ganze Landstriche leiden
jedes Jahr wegen falscher Anbautechniken Hunger. Auch Dünger fehlt.
Laut dem Welternährungsprogramm braucht Nordkorea jährlich 5 Millionen
Tonnen Getreide und Kartoffeln. Die Mahlzeiten bestehen fast nur aus Reis
und Mais. Vor allem Proteine und Fette fehlten.
## Preis für Reis verdoppelt
Hinzu kommen rasante Preissteigerungen, auf die Oppositionsgruppen im
südkoreanischen Exil verweisen. So war der Reispreis Ende August mehr als
doppelt so hoch wie Anfang Juni, berichtet die Exil-Internetseite
[1][DailyNK].
2009 sollen die meisten Menschen schon einmal im Zuge einer Währungsreform
ihre ganzen Ersparnisse verloren haben. „Doch die Leute sind sehr viel
zuversichtlicher als noch vor Kurzem“, sagt Kim Thae Hee von Nordkorea
News, einem weiteren Informationspool in Seoul.
Der junge Kim hat mit seinem mächtigen Onkel wirtschaftlich neue Akzente
gesetzt. So wie sich das kommunistische China vor 30 Jahren zunächst mit
der Einrichtung von Sonderwirtschaftszonen der freien Marktwirtschaft
öffnete, wollen auch Kim und Chang auf dieses Modell setzen.
Ökonomen in Südkorea beobachten, dass Kims Onkel ein ganzes Bündel
wirtschaftlicher Reformen vorbereitet.
## Neue Straßen und Internet
So handelte Chang im August in Peking Projekte zur wirtschaftlichen
Kooperation aus. China hat bereits begonnen, Straßen zu bauen sowie
Elektrizitätsleitungen und sogar Breitbandanschlüsse fürs Internet nach
Rason zu verlegen. Das Volumen des Handels zwischen den beiden Ländern lag
im ersten Halbjahr 2012 rund ein Viertel über dem Vorjahreswert.
Doch das sind nur Ansätze. Nicht ausgemacht ist, dass auf die
wirtschaftliche Öffnung auch eine politische folgt. Umfassende Reformen
seien nur mit einem Regimewechsel möglich, glaubt Kim Thae Hee. Kim Jong Un
und seinem Onkel ginge es vor allem um den Machterhalt.
Rhe Ky Sung hält das nicht davon ab, seinen verhältnismäßig gut bezahlten
Job als Koch in Peking zu schmeißen und in seine Heimat zurückzukehren.
„Man lebt nur einmal“, sagt er. Diese „klitzekleine Chance“ müsse er n…
ergreifen.
15 Oct 2012
## LINKS
[1] http://www.dailynk.com/english/
## AUTOREN
Felix Lee
## TAGS
Nordkorea
Nordkorea
Militär
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