# taz.de -- Kuba ändert Ausreise-Bedingungen: Einige hohe Hürden bleiben | |
> Ab Januar 2013 benötigen Kubaner keine Ausreiseerlaubnis mehr. Ein Pass | |
> und ein Einreisevisum des Ziellandes sollen genügen – und Geld. | |
Bild: Verabschieden sich jetzt die Kubaner? Straßenszene in Havanna. | |
HAMBURG taz | „Kuba aktualisiert seine Migrationspolitik“, heißt es lapidar | |
in der Dienstagsausgabe der Granma, der Zeitung der kommunistischen Partei | |
Kubas. Ab 14. Januar 2013, so die Ankündigung, müssen ausreisewillige | |
Kubaner nicht mehr bei den Behörden um die Ausreiseerlaubnis, Permiso de | |
Salida genannt, nachsuchen und auch keine Einladungskarte aus dem Ausland | |
mehr vorlegen. | |
Das klingt wie eine kleine Sensation, denn die Ausreise war bisher für | |
viele Kubaner nahezu unmöglich. Die Ausreiseerlaubnis zu bekommen und | |
obendrein noch eine Einladung vorzuweisen war ein Kraftakt und mit vielen – | |
durchaus kostspieligen – Behördengängen verbunden. | |
Die kubanische Bloggerin Yoani Sánchez etwa hat in den letzten Jahren | |
neunzehn Anträge auf eine Ausreisegenehmigung gestellt – und nie eine | |
erhalten. Zuletzt im Februar, als sie nicht zu einer Filmpremiere nach | |
Brasilien reisen durfte. | |
„Kubaner sind wie kleine Kinder, sie brauchen noch die Erlaubnis vom Papa, | |
wenn sie reisen wollen“, erklärte sie damals ironisch. Und wer die | |
Erlaubnis erhielt, wurde kräftig zur Kasse gebeten. | |
Umgerechnet 150 US-Dollar kostete das Papier. Das können sich die Kubaner | |
nun sparen – wenn sie sich einen Reisepass leisten können. Der soll künftig | |
100 Dollar kosten und zwei Jahre gültig sein. Der Pass, so die ersten | |
Meldungen, soll künftig ausreichen, um ins Ausland zu reisen – ganz ohne | |
offizielle Ausreiseerlaubnis. | |
## Die Fußangeln | |
Allerdings: Wer überhaupt einen Pass erhält, bleibt in der Hand der | |
Behörden, und die Fußangeln sind im kubanischen Amtsblatt Gaceta Oficial | |
bereits nachzulesen. | |
Da stehen in Paragraf 23 des neuen Migrationsgesetzes insgesamt neun | |
Ausnahmen, warum die Erteilung eines Reisepasses verweigert werden kann, | |
unter anderem, „wenn die zuständige Behörde das aufgrund eines öffentlichen | |
Interesses so entscheidet“ oder wenn keine entsprechende Genehmigung „im | |
Sinne des Erhalts qualifizierter Arbeitskräfte" vorliegt. | |
Wer bereits einen Pass hat, muss diesen darüber hinaus aktualisieren lassen | |
und sich einen „Sicherheitsstempel“ besorgen, damit er von der neuen | |
Regelung profitieren kann. Dieser Stempel kann nach den gleichen neun | |
Kriterien verweigert werden. | |
## Öffentliches Interesse | |
Und selbst wer Pass und Stempel hat, darf womöglich trotzdem nicht | |
ausreisen, so Paragraf 25, wenn im Einzelfall ein öffentliches Interesse | |
dagegen spricht. Im Klartext: Für alle, die bislang Schwierigkeiten hatten, | |
eine Ausreiseerlaubnis zu bekommen, dürfte es schwierig bleiben. | |
Ob Kritiker der Regierung wie Yoani Sánchez oder der bekannte Dissident und | |
Wirtschaftswissenschaftler Oscar Espinosa Chepe mit den neuen Bestimmungen | |
bessere Chancen auf Ausreise haben werden, wird sich erst ab Januar zeigen, | |
wenn das Gesetz in Kraft tritt und wenn die reisewillige Yoani Sánchez | |
ihren Reisepass verlängern muss, um den gesetzlichen Neuerungen Folge zu | |
leisten. | |
Für Oscar Espinosa Chepe ist ohnehin nur eine Option relevant – Reise mit | |
garantierter Wiederkehr. Ein Angebot für immer auszureisen hat der kranke | |
Dissident bereits vor 18 Monaten abgelehnt. | |
## Der Ausweg: Einen Ausländer heiraten | |
Die Garantie für die Rückkehr ist für viele Kubaner unerlässlich. Davon | |
zeugt auch die hohe Zahl binationaler Hochzeiten, die es in Kuba seit dem | |
Beginn der 90er Jahre gibt – parallel zum steigenden Touristenaufkommen. | |
Denn wer mit einem Ausländer verheiratet ist, kann ohne größere Probleme | |
hin- und herreisen. Kubaner haben immer Wege zum Reisen gefunden, und | |
etliche tausend Kubaner leben de facto zwischen Europa, Mexiko, Venezuela | |
und der Insel. | |
Sie verbringen wie Daneya Pérez einen Teil des Jahres in Frankreich beim | |
Mann und den Rest bei der Familie in Kuba. Für sie bietet das neue Gesetz | |
immerhin Vorteile. Sie dürfen fortan 24 Monate im Ausland bleiben – ohne | |
mit rechtlichen Problemen von kubanischer Seite rechnen zu müssen. | |
16 Oct 2012 | |
## AUTOREN | |
Knut Henkel | |
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