# taz.de -- Anke Domscheit-Berg über Piraten: „Kein Grund für Panikmache“ | |
> Viele Piraten seien noch PR-unerfahren, findet Anke Domscheit-Berg und | |
> kritisiert indiret ihren Parteichef. Die Partei sei aber keine | |
> Chaostruppe. | |
Bild: Bei den Piraten sieht's manchmal chaotisch aus – ist es aber nicht, sag… | |
taz: Frau Domscheit-Berg, die Piraten sind in der Wählergunst stark | |
abgestürzt, die Männer an der Parteispitze streiten sich um Lebensentwürfe, | |
Geld und Jobs. Sind das die Professionalität und die Transparenz, mit der | |
sich die Piraten von anderen Parteien absetzen wollen? | |
Anke Domscheit-Berg: Wir liegen immer noch über den Prognosen für die FDP, | |
es gibt keinen Grund für Panikmache. Man muss unterscheiden, was auf | |
Parteiebene passiert und was zwischen einzelnen Personen. Viele Medien | |
berichten lieber über zwischenmenschliche Dramen. Und so entsteht der | |
Eindruck, die Partei sei eine Chaostruppe, die sich gegenseitig fertig | |
macht. | |
Macht sie nicht? | |
Unzählige Piraten machen professionelle Arbeit. Gerade jetzt, vor dem | |
Programmparteitag im November in Bochum, tagen täglich Arbeitsgruppen, die | |
jede Menge Inhalte entwickeln. Aber das spiegelt sich in den Medien leider | |
kaum wider. | |
Über welche Inhalte sollen die Medien schreiben, wenn Piraten es nicht | |
einmal zu einer wirtschaftspolitischen Leitlinie im Parteiprogramm bringen? | |
Das sehe ich nicht so problematisch. Wir entwickeln unsere Inhalte in einem | |
intensiven Diskurs. Wirtschaft ist ein komplexes Feld, und da ist auch der | |
Diskurs intensiver. | |
Trotzdem: Man wird den Eindruck nicht los, dass es drunter und drüber geht | |
und jede Auseinandersetzung öffentlich ausgetragen wird. | |
Bei uns wird halt nicht in Hinterzimmern gemauschelt, sondern offen | |
debattiert. Darüber hinaus mangelt es noch an Medienerfahrung. Wir sind | |
nicht die mit allen PR-Wassern gewaschenen Vollblutpolitiker, da werden | |
Fehler gemacht, auch mal an der falschen Stelle emotional reagiert. | |
Unabhängig davon halte ich es für unglücklich, über Medien Kritik an | |
Vorstandskollegen zu üben. Das sollte intern diskutiert werden. Das haben | |
die Beteiligten inzwischen selbst erkannt. | |
Beißt sich Ihre Forderung nicht mit dem Transparenzprinzip der Piraten? | |
Nein. Die Frage ist nur, mit wem man wie redet. Unproblematisch wäre | |
beispielsweise, auf unseren internen Plattformen mit allen interessierten | |
Parteimitgliedern über innere Konflikte zu debattieren. | |
Auseinandersetzungen sollten direkt gelöst werden. Das ist im übrigen auch | |
viel transparenter. | |
Zeit für eine Frau an der Spitze? | |
Das ist gar nicht so sehr die Frage, weil wir keinen Fokus auf den Chef | |
oder die Chefin legen. Die Frage ist eher: Brauchen wir generell mehr | |
Frauen? | |
Und? | |
Jedem Gremium, ob bei den Piraten oder anderswo, tut ein ausgewogenes | |
Geschlechterverhältnis gut. Bei den Piraten ist eine besondere | |
Kommunikationsfähigkeit nötig, um verschiedene Strömungen der Partei zu | |
befrieden. | |
Wer kann das? | |
Marina Weisband konnte es. Sie hat die Gabe, große Konflikte sensibel zu | |
schlichten. Ich würde mir wünschen, sie würde noch mal eine Führungsrolle | |
übernehmen. | |
Sie selbst kämpfen für mehr Frauen in Führungspositionen. Streben Sie eine | |
Führungsrolle bei den Piraten an? | |
Nein. Ich wäre in einer Amtsrolle nicht gut aufgehoben, das können andere | |
besser. Ich bin eher ein Missionarstyp, der versucht, Leute von Ideen und | |
Visionen zu überzeugen. Ich sehe mich daher eher in einer Mandatsrolle. | |
Deshalb möchte ich für den Bundestag kandidieren. | |
16 Oct 2012 | |
## AUTOREN | |
Simone Schmollack | |
## TAGS | |
Piratenpartei | |
Marina Weisband | |
Piraten | |
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