# taz.de -- Kultusminister beschließen Einheitsabitur: 248 Seiten Standards | |
> Mathe, Deutsch, Englisch und Französisch: Ab 2017 gibt es Abituraufgaben | |
> aus einem Pool. Ein Länder-Ranking ist nicht geplant. | |
Bild: So individuell der Schüler auch ist, 2017 kommt das Einheitsabi. | |
Schon Tage bevor in Hamburg die Kultusminister zusammentrafen, um über | |
einheitliche Bildungsstandards zu verhandeln, gab es Säbelrasseln: Es drohe | |
ein Billigabitur, das sogar Neuntklässler bestünden, warnte Hamburgs | |
oberster Schulreformgegner Walter Scheuerl. Doris Ahnen (SPD), | |
Kultusministerin von Rheinland-Pfalz, riet in der vergangenen Woche allen, | |
doch mal ins Internet zu schauen und die dort veröffentlichen Aufgaben zu | |
lösen. „Suchen sie sich ein Fach aus, von dem Sie denken, dass sie darin | |
gut sind. Dann bekommen Sie einen realistischen Blick“. | |
Es sind eigentlich zwei Dinge, die die 16 Kultusminister am Freitag | |
beschlossen haben. Erstens soll es einheitliche Standards für das Abitur in | |
Deutsch, Mathematik, Englisch und Französisch geben, die für die Schüler | |
gelten, die 2014 in die 11. Klasse kommen. Zweitens sollen sie | |
„kompetenzorientiert“ sein, so wie die schon verabschiedeten Bildungsstands | |
für die Grundschulen und Mittelstufen, deren Einhaltung bereits in | |
bundesweiten Tests abgeprüft wird. | |
„Unter einer Kompetenz wird die Fähigkeit verstanden, Wissen und Können in | |
den jeweiligen Fächern zur Lösung von Problemen anzuwenden“, referierte | |
Petra Stanat vom Institut zur Qualitätsentwicklung im Bildungswesen (IQB). | |
Ziel der Standards für das Abitur sei vertiefte Allgemeinbildung, | |
Studierfähigkeit und die Hinführung zum wissenschaftlichen Arbeiten, | |
Propädeutik genannt. | |
In Deutsch zum Beispiel wird kein fester Kanon von Büchern vorgeschrieben. | |
Stanat: „Ich fände es einen Horror, wenn alle Schüler die gleichen Texte | |
lesen würden.“ Schüler sollen aber literarische Texte von der Aufklärung | |
bis zur Gegenwart erschließen können und über ein „literaturgeschichtliches | |
und poetologisches Überblickswissen“ verfügen, das alle Gattungen umfasst. | |
Die 248 Seiten umfassenden Standards für das Fach Deutsch zum Beispiel | |
enthalten auch illustrierende Prüfungen und Lernaufgaben. Neu zum Beispiel | |
ist das „Materialgestützte Schreiben“, bei dem Schüler aus vorliegenden | |
Quellen einen für junge Menschen verständlichen Text über Analphabetismus | |
erstellen sollen. Das IQB will noch viele Lernaufgaben erarbeiten und sie | |
für die Schulen als Bücher herausgeben. | |
In Mathematik seien die Vorgaben enger, so Stanat. Einen größeren Wert soll | |
– neben Linearer Algebra und Analysis – die Stochastik | |
(Wahrscheinlichkeitsrechnung) erhalten. Die Schüler sollen auch hier ihr | |
Wissen anwenden können, unter anderem mathematisch Probleme lösen und | |
mathematisch kommunizieren. In den Fremdsprachen soll der Fokus verstärkt | |
auf das Sprechen und Hörverstehen gelegt werden. | |
Die neuen Aufgaben erforderten auch eine neue Unterrichtskultur, erklärte | |
KMK-Präsident Ties Rabe. Die ersten Prüfungen werden daher erst 2017 | |
stattfinden. Dann soll ein zentraler Aufgabenpool vorliegen, aus dem alle | |
Länder Abituraufgaben abrufen können. Eine einheitliche Abi-Prüfung für | |
alle Länder am gleichen Tag gilt schon wegen der unterschiedlichen Ferien | |
als unrealistisch. Schreiben die Länder nacheinander dieselbe Prüfung, | |
könnten die Aufgaben im Internet verbreitet werden. | |
Die Pool-Aufgaben werden von Wissenschaftlern des IQB getestet und mit | |
einem „Beipackzettel“ mit Bewertungskriterien für die Note versehen, so | |
Rabe. So soll für eine gleiche Benotung gesorgt werden. „Das Abitur wird in | |
allen Fächern gleich schwer“, verspricht der KMK-Präsident. „Es gibt nicht | |
mehr ein Bundesland mit Abitur light“. | |
Hamburg bereitet sich schon für 2014 auf die ersten gemeinsamen | |
Abiturprüfungen mit Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Bayern, Sachsen und | |
Mecklenburg-Vorpommern vor. Auch ist ein Pool geplant. | |
Ein präziser Test, der zeigt, welches Land die schlausten Abiturienten | |
hervorbringt, existiert nicht. Rabe sagt, dies sei nur in Form von | |
Mutiple-Coice-Tests möglich, die sich fürs Abitur nicht eigneten. „Wir | |
können den Schülern nicht 14 Ankreuzfragen stellen, wie sie Büchners | |
’Woyzek‘ interpretieren.“ Die jetzt gefundene Lösung sei „viel besser�… | |
19 Oct 2012 | |
## AUTOREN | |
Kaija Kutter | |
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Unterricht | |
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