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# taz.de -- Kritik am Einheitsabitur: „Ohne Goethes 'Faust' geht es nicht“
> Das Einheitsabi ruft nicht bei jedem Begeisterungsstürme hervor. Zentrale
> Bildungsstandards senken das Niveau, fürchtet der Lehrer-Vertreter Josef
> Kraus.
Bild: Hinter der Einheit muss der „Faust“ erkennbar sein.
taz: Herr Kraus, bayerische Schüler sollen bald ähnliche Abituraufgaben
lösen wie die in Bremen. Wer muss mehr Angst haben?
Josef Kraus: Es kommt darauf an, ob man sich am bayerischen oder am Bremer
Niveau orientiert. Ich befürchte, dass es auf ein mittleres Anspruchsniveau
hinausläuft als Kompromiss. Das zeigen alle Vereinbarungen, die die
Kultusminister die letzten 25 bis 30 Jahre getroffen haben. Mündliche
Noten, die tendenziell besser ausfallen, zählen heute zum Beispiel mehr als
früher.
In Bayern machen auch weniger Schüler das Abitur und man siebt stärker aus.
Mehr Schüler zum Abitur zu führen, geht zwangsläufig zulasten der Qualität.
Abiturpolitik kann nicht Sozialpolitik sein. Es geht darum, dass junge
Leute in der Lage sind, zu studieren. Da hat Sozialpolitik nichts zu
suchen.
Bei Bildungsstandards geht es eher um Kompetenzen als um Faktenwissen.
Warum sollte das ernsthaft mit einem Niveauverlust einhergehen?
Standards sind mir schlicht zu vage. Es ist problematisch, wenn die Schule
nur noch abstrakte Kompetenzen vermitteln soll. Man sollte den Mut haben,
einen Pflichtkanon festzulegen. Ohne Goethes „Faust“ geht es nicht.
Ist es nicht wichtiger, dass man grundsätzlich mit literarischen Texten
umgehen kann?
Nein, das ist mir zu wenig. Dann kriegen wir kulturlose und geschichtslose
junge Leute. Solche Werke zu kennen, ist Teil von Bildung.
Bildungsstandards brauchen für mich eine kanonische Unterfütterung. Ohne
Kenntnisse zentraler literarischer Werke oder auch der Bibel kann man
unsere Kultur nicht begreifen.
Von einem Kanon profitieren die Kinder, in deren Familien Goethes Werke
bereits im Regal stehen. Ist es nicht gerechter, sich an Grundkompetenzen
zu orientieren statt an bildungsbürgerlichem Wissen?
Was spricht gegen einen klassisch bürgerlichen Kanon? Es ist doch auch für
Schüler aus sozial schwächeren Schichten eine große Chance, anspruchsvolle
Literatur kennenzulernen, wenn die Schule Wert darauf legt.
Also müsste als Nächstes ein bundesweit einheitlicher Lehrplan für die
Oberstufe folgen.
Ich bin dafür, 50 Prozent bundesweit vorzugeben und die anderen 50 Prozent
des Stoffes den Ländern zu überlassen.
Warum vereinheitlichen wir das Gymnasium nicht ganz?
Wenn sich die Länder konsequent an das Vereinbarte halten, ist es mir egal,
wie sie es machen. Ich bin sehr für föderalen Wettbewerb.
20 Oct 2012
## AUTOREN
Bernd Kramer
## TAGS
Unterricht
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Kommentar Einheitsabitur: Eine für alle
Gemeinsame Standards für das Abitur sind nur ein erster Schritt. Gemeinsame
Lehrpläne und eine einheitliche Schulstruktur wären besser.
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