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# taz.de -- Bertelsmann und Gruner+Jahr: In aller Freundschaft abgeblitzt
> Aus der Gruner+Jahr-Übernahme durch Bertelsmann wird vorerst nichts. Nun
> heucheln beide Seiten Nettigkeiten. Doch die Lage bleibt angespannt.
Bild: Er winkt die G+J-Anteile herab – doch die kommen nicht: Thomas Rabe.
Ein bisschen wird Bernd Buchholz an diesem Wochenende schon innerlich
gegrinst haben: Der Ende August abservierte ehemalige Vorstandschef des
Hamburger Zeitschriftenriesen Gruner + Jahr (G + J) gilt nicht eben als
bester Freund von Bertelsmann-Boss Thomas Rabe. Und der musste am Freitag
eingestehen, dass aus der geplanten Komplettübernahme von G + J durch den
Gütersloher Medienkonzern erst mal nichts wird.
Bertelsmann gehören seit Jahrzehnten knapp drei Viertel an G + J, den Rest
hält die Familie Jahr – das J in G + J. Rabe hatte aus seinem Wunsch, den
Laden ganz zu besitzen, keinen Hehl gemacht. Und auch die Familie Jahr, die
in diverse Stämme zerfällt, war im Prinzip verkaufswillig.
Man ist sich bloß nicht einig geworden über den Preis. Auch wenn jetzt
beide Seiten natürlich wieder große Freundschaft heucheln: „Bertelsmann
wird die mehr als 40 Jahre währende erfolgreiche Zusammenarbeit mit der
Familie Jahr fortsetzen“, lässt sich also Thomas Rabe per Pressemitteilung
zitieren.
## Bunte Melkkuh
Man wolle nun weiter „die starke Position von G + J im Mediengeschäft
ausbauen, die Digitalisierung von Inhalten und Marken vorantreiben und die
dafür notwendigen Mittel zur Verfügung stellen.“ Vor allem dieser letzte
Satz dürfte am Hamburger Baumwall, wo die meisten G + J-Titel (Stern,
Brigitte, Geo, Beef) beheimatet sind, beizeiten auf die Goldwaage gelegt
werden. Derzeit fühlt man sich dort nämlich eher als bunte Kuh, die von
Bertelsmann gemolken wird.
Und bei der die Stimmung – höflich formuliert – angespannt ist. Die Art und
Weise, wie der ehemalige FDP-Politiker Buchholz abserviert wurde, ließ für
G + J Schlimmes befürchten: per Artikel im Manager Magazin, an dem G + J
indirekt sogar Anteile hält, wurde er demontiert.
Mit ausdrücklichem Verweis auf die Gütersloher Bertelsmann-Zentrale hieß es
da, Buchholz verfüge „nur über die Zugkraft einer Spielzeuglokomotive“. D…
Mann habe „seine Hausaufgaben nicht gemacht“, zitierte das Magazin aus
einem „hausinternen Halbjahreszeugnis“ kurz vor dem traditionellen
Herbst-Meeting der Bertelsmann-Manager. Buchholz trat entnervt zurück, für
ihn rückte Julia Jäkel nach.
Seitdem wird bei G + J umgebaut, mit bislang eher unklarem Kurs. Dass
Jahr-Holding-Geschäftsführer Winfried Steeger gleich nach Rabe erklärt, man
sei „in den intensiven und konstruktiven Gesprächen mit Bertelsmann“ zu dem
Schluss gekommen, „dass wir die anstehenden Herausforderungen für G + J am
besten gemeinsam werden meistern können“, glauben am Baumwall die
wenigsten.
## Tauschgeschäft mit Hürden
Laut FAZ wurden sich Bertelsmänner und die Familie Jahr nicht über das Wie
und vor allem nicht über das Wieviel einig: Die Jahrs sollten ihre G +
J-Anteile in eine direkte Beteiligung an Bertelsmann umtauschen, so der
beiden Seiten genehme Plan. Doch die Jahrs wollten zwischen 4 und 5 Prozent
vom Bertelsmann-Kuchen, was der Bertelsmann-Eignerfamilie Mohn zu viel war.
Dazu kamen offenbar Bewertungsstreitigkeiten und komplizierte steuerliche
Hürden. Für die Jahrs sei der Deal von Anfang an „sehr unattraktiv“
gewesen, zitiert die FAZ Insider.
Für den Bertelsmann-Konzern ist das Festhalten am Status quo bei allen
lammfrommen Erklärungen eine fette Niederlage. Und sie erinnert an 2010,
als Gütersloh die RTL-Group – Bertelsmann hält hier Anteile von knapp 90
Prozent – komplett übernehmen wollte – und ebenfalls einen Rückzieher
machen musste.
Ende November will der G+J-Aufsichtsrat nun Tacheles reden, schließlich war
im ersten Halbjahr 2012 der operative Gewinn vor Zinsen und Steuern
krachend um rund 30 Prozent eingebrochen. Der Hauptgrund: die massiven
Rückgänge im deutschen wie auch im internationalen Anzeigengeschäft. Die
Lage am Baumwall bleibt also weiter angespannt.
21 Oct 2012
## AUTOREN
Steffen Grimberg
## TAGS
Stern
Bertelsmann
random house
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