# taz.de -- Zu wenig Schlafplätze in Hamburg: Für Obdachlose wird es eng | |
> In Hamburg soll niemand erfrieren, sagt der Sozialsenator und stellt 252 | |
> Schlafplätze bereit. Der tatsächliche Bedarf dürfte erheblich höher | |
> liegen, sagen Experten. | |
Bild: Zur Not halt in die Spaldingstraße: Obdachlose im Winter. | |
Am heutigen Donnerstag startet das Winternotprogramm. Stolz präsentierte | |
Sozialsenator Detlef Scheele (SPD) sein Konzept zur Notunterbringung von | |
Obdachlosen für den kommenden Winter und verspricht, „niemand, der das | |
nicht möchte, muss im Winter auf der Straße schlafen“. Sozialorganisationen | |
kritisieren, dass die angekündigten 252 Schlafplätze völlig unzureichend | |
seien. Alle Obdachlosen-Einrichtungen seien bereits jetzt „proppenvoll“, so | |
Stephan Karrenbauer von Hinz & Kunzt. | |
In Hamburg lebten 2009 nach Angaben der Sozialbehörde 1.029 Menschen auf | |
der Straße. Inzwischen habe die Zahl sich stark erhöht, sagt Sozialarbeiter | |
Karrenbauer. Hauptanlaufstelle ist wie im vergangenen Jahr ein ungenutztes | |
Bürogebäude in der Spaldingstraße 1. Hier stellt die Sozialbehörde in | |
diesem Jahr 160 Plätze in Zwei- bis Sechsbettzimmern bereit. Mit der | |
gleichen Zahl war die Behörde auch im vergangenen Winter gestartet, musste | |
aber schnell auf 230 Plätze erhöhen. In Spitzenzeiten wurden mehr als 280 | |
Menschen untergebracht. | |
Weil die Schlafplätze knapp bemessen sind, ist davon auszugehen, dass auch | |
in diesem Jahr aufgestockt wird. Nach Informationen des NDR sollen | |
Obdachlose bei größerer Nachfrage in den Aufenthaltsräumen des | |
Winternotprogramms die Nacht verbringen – auf Stühlen. Davon sei „zu keinem | |
Zeitpunkt die Rede“ gewesen, widerspricht die Sprecherin der Sozialbehörde, | |
Nicole Serocka. „Wir sprechen in der Öffentlichkeit generell nicht darüber, | |
ob wir einen Plan B haben.“ Die Informationen des NDR stammten jedenfalls | |
nicht von der Behörde. | |
Weil das Winternotprogramm nur über Nacht geöffnet ist, müssen die | |
Obdachlosen die Einrichtung ab 8.30 Uhr verlassen. „Wir brauchen eine | |
weitere Aufenthaltsstätte in der Innenstadt“, sagt Karrenbauer. Denn die | |
nahe gelegene Obdachlosen-Tagesstätte Herz As sei schon jetzt so | |
überlaufen, dass sie bereits am Mittag schließen müsse, auch weil es nicht | |
genug Essen für alle gebe. | |
Statt schon jetzt mehr Schlafplätze bereitzustellen, setzt die | |
Sozialbehörde auf die umstrittene Anlaufstelle für osteuropäische | |
EU-BürgerInnen: Diese machten im vergangenen Winter 55 Prozent der in der | |
Spaldingstraße Untergekommenen aus. | |
Zuvor ebenfalls in der Spaldingstraße angesiedelt, wurde die Anlaufstelle | |
in den Besenbinderhof verlegt und personell aufgestockt. Von der räumlichen | |
Trennung verspricht sich Senator Scheele „eine Steuerung“ – so gebe es ke… | |
„All-Inclusive-Angebot“. | |
Im vergangenen Winter beriet die Anlaufstelle nach Angaben der Behörde | |
insgesamt 451 Obdachlose. 185 sei „geholfen“ worden, in ihr jeweiliges | |
Heimatland zurückzukehren. Der Senat will Osteuropäer ohne Job und Wohnung | |
verstärkt in ihre Heimatländer zurückschicken. Im Winternotprogramm | |
untergebracht werden soll nur, wer in Hamburg „eine Lebensperspektive“ hat. | |
31 Oct 2012 | |
## AUTOREN | |
Lena Kaiser | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Armut | |
Obdachlosigkeit | |
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