# taz.de -- Neues Tarifkonzept der Gema: Komplikationen auf der Tanzfläche | |
> Ein aktuelles Gutachten liefert den Musikclubs neue Argumente in ihrem | |
> Streit gegen die Gema-Tarife. Im Dezember folgt das Schiedsverfahren. | |
Bild: Wie viele Menschen tanzen da? Womöglich sitzt bald ein Gema-Zähler mit … | |
Proteste, Petitionen, Polemik. Seit die Gema ein neues Tarifkonzept | |
vorgestellt hat, wird sie massiv attackiert, seit April geht das nun schon | |
so. Einen Beliebtheitswettbewerb hätte die Verwertungsgesellschaft auch | |
vorher nicht gewonnen, inzwischen aber gilt es als ausgemacht, sie sei | |
unwissend, undurchsichtig und undemokratisch. Ihre Gier drohe die | |
Clubkultur zu zerstören. „Es ist Zeit, die Urheberrechtsfunktionäre zu | |
entmachten!“, schreibt Konzertveranstalter Berthold Seliger in seinem | |
aktuellen Presserundbrief. | |
Die geplanten Tarife, von denen es heißt, sie hätten die Abgaben für manche | |
Clubs verzehnfacht, hat die Gema mittlerweile mehrfach überarbeitet. Doch | |
der Streit geht weiter. Mit der Bundesvereinigung der Musikveranstalter | |
trifft man sich im Dezember zum Schiedsverfahren vor dem Marken- und | |
Patentamt. | |
Neue Argumente liefert den Gema-Kritikern ein Gutachten, das die | |
internationale Anwaltskanzlei K & L Gates in Berlin präsentierte. Fazit: | |
„Insgesamt bestehen erhebliche Bedenken gegen die geplante drastische | |
Erhöhung der bisher üblichen Vergütung.“ Zwar würden Einzelveranstaltungen | |
teilweise sogar günstiger werden, aber die Abschaffung der seit Jahrzehnten | |
geltenden stark vergünstigten Jahrespauschalen für Clubs führe in einigen | |
Fällen zu Steigerungen von mehreren Hundert Prozent. | |
## „Angemessen ist, was üblich ist“ | |
Mit dem urheberrechtlichen Prinzip „Angemessen ist, was üblich ist“ sei das | |
nicht vereinbar. Zwar könnten die Clubs eine korrigierte Abrechnung | |
verlangen, in der die tatsächliche Besucherzahl einer Veranstaltung | |
berücksichtig wird, das würde aber die mit der Reform beabsichtigte | |
Vereinfachung ins Gegenteil verkehren. | |
Kritisiert wird auch, dass sich für Clubs, die länger als zehn Stunden | |
geöffnet haben, die Vergütungssätze für je zwei weitere Stunden um 25 | |
Prozent erhöhen sollen. Dahinter steckt die Annahme, dass in dieser Zeit | |
weiter am Eintritt verdient wird. Aber wie viele neue Besucher kommen auf | |
einer zwölfstündigen Party tatsächlich in den letzten beiden Stunden? | |
## Ist der DJ ein Musiker? | |
Und wenn in einen Technoclub die Leute kommen, um einen DJ zu sehen und zu | |
hören, der Stücke live bearbeitet und aufführt? Ist der DJ dann ein | |
Musiker? Für Clubbetreiber hängt von der Beantwortung dieser Frage ab, | |
welchen Tarif sie zahlen müssen. Über diese Probleme diskutierten nach der | |
Präsentation Dimitri Hegemann, Betreiber des weltberühmten Clubs Tresor, | |
und der Produzent und DJ Mijk van Dijk mit Gema-Bezirksdirektor Lorenz | |
Schmid. „Unser Haus ist eigentlich ein Konzerthaus“, sagte beispielsweise | |
Hegemann. | |
Die Gema abschaffen will die Clublobby trotz aller Unstimmigkeiten nicht. | |
Schließlich profitieren auch kaum bekannte Musiker und Produzenten von den | |
Ausschüttungen. Eine Perfektionierung von Gema-Vermeidungsstrategien | |
seitens der Clubs – indem sie zum Beispiel höhere Getränkepreisen verlangen | |
und dafür kostenlosen Eintritt gewähren – wäre auch nur eine Notlösung. | |
## Faire Verteilung von Tantiemen | |
Zu den konkreten Verhandlungszielen gehört dagegen die faire Verteilung von | |
Tantiemen. So ist äußerst umstritten, ob die stichprobenartige Erfassung | |
von gespielten Songs in nur 150 Clubs präzise und repräsentativ genug ist, | |
um auch Nischenkünstler angemessen zu berücksichtigen. | |
Ein konkretes Ergebnis ist immerhin schon mal, dass sich die Clubs | |
überhaupt organisiert haben. Eine bundesweite Interessenvertretung hat sich | |
erst anlässlich des aktuellen Streits gegründet. Das große Clubsterben wird | |
von ihr bewusst als Horrorszenario präsentiert, um öffentlichen Druck auf | |
Gema und Politik auszuüben. | |
Van Diijk wies außerdem darauf hin, dass sich auch die Künstler selbst mehr | |
in der Gema engagieren müssten. | |
9 Nov 2012 | |
## AUTOREN | |
Lars Friedrich | |
## TAGS | |
Gema | |
Schwerpunkt Urheberrecht | |
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