# taz.de -- Die wunderbare Welt von Big Data: „Es wird größer als das Inter… | |
> Big Data ist das nächste große Ding. Big Data? Der Fotograf Rick Smolan | |
> versucht mit „The Human Face of Big Data“ das abstrakte Konzept | |
> verständlich zu machen. | |
Bild: Die derzeit heißeste Geschäftsidee: Big Data. Auch in Bangalore wird da… | |
taz.de: Herr Smolan, wie definieren Sie Big Data? | |
Rick Smolan: Ich habe viele Leute gefragt, die mit Big Data gearbeitet | |
haben. Manche haben mir gesagt, das sind so viele Daten, dass sie nicht auf | |
deinen PC passen. Andere sagten, es gehe nicht um die Menge der Daten. Es | |
gehe darum, verschiedene Datensätze von unterschiedlichen Organisationen zu | |
nehmen, diese übereinanderzulegen und nach neuen Mustern zu suchen. Die | |
beste Definition bekam ich aber von meiner Freundin Marissa Mayer, | |
Vorstandvorsitzende von Yahoo: Man müsse sich vorstellen, es gebe die | |
technologische Möglichkeit das Nervensystem unseres Planeten sichtbar zu | |
machen. Das ist Big Data. | |
Worin besteht Ihr Projekt „The Human Face of Big Data"? | |
Zum einen in unserem Buch, das am 4. Dezember erscheinen wird. Daran haben | |
rund 100 Fotografen, Journalisten und Illustratoren mitgearbeitet. In elf | |
Essays und rund 150 Fotografien und Illustrationen wollen wir zeigen, in | |
welchen Projekten Big Data im Moment auf der ganzen Welt genutzt wird. Und | |
zum anderen in unserer App zum Projekt, mit der wir Daten von registrierten | |
Nutzern weltweit sammeln. | |
Was ist der Sinn des Projektes? | |
Es geht mir darum, einen weltweiten Diskurs über Big Data anzuregen. Big | |
Data fühlt sich im Moment so an, wie sich das Internet im ersten Jahr | |
angefühlt hat: Ich bin der Meinung, dass es einen riesigen und nachhaltigen | |
Effekt auf unser Leben haben wird. Das Problem: Diejenigen, die sich zur | |
Zeit Gedanken über Big Data machen, sind nicht die Verbraucher, sondern | |
Unternehmen und Regierungen. Regierungen mit dem Ziel ihre Bevölkerung | |
besser zu verstehen, Unternehmen mit dem Ziel die Kunden besser zu | |
verstehen. | |
Was mich besorgt ist, dass die Verbraucher sich keine Gedanken über ihre | |
Daten machen, darüber in wessen Besitz sie sind oder wer ein besonderes | |
Interesse daran haben könnte. Wen sich die Verbraucher nicht jetzt in die | |
Big Data Debatte einschalten, dann werden über ihren Kopf hinweg | |
Entscheidungen gefällt. | |
Können Sie ein Beispiel aus dem Buch nennen? | |
Ein Unternehmen aus Boston hat eine App entwickelt, die zwei Tage im Voraus | |
Depressionen voraussagen kann. Die Idee dahinter: Die meisten Menschen | |
haben wiederkehrende Verhaltensmuster. Unsere Smartphones können all das | |
speichern: wie viele E-Mails oder Tweets wir senden, wie viel und wohin wir | |
reisen. Offenbar gehen zwei Tage, bevor man Depressionen bekommt, die | |
Anzahl der E-Mails und Tweets zurück, die Zeit die wir zu Hause verbringen | |
nimmt zu, der Reiseumfang geht zurück. Die App bemerkt diese Veränderungen | |
und meldet Alarm. Besonders für Diabetespatienten, die oft auch an | |
Depressionen leiden, kann diese App sehr nützlich sein. | |
Wozu die App zu dem Projekt „The Human Face of Big Data"? | |
Es geht uns darum, den Nutzern die Möglichkeit zu geben, mit Big Data in | |
Berührung zu kommen. Unser Ziel ist es nicht, Marketing zu betreiben. Wir | |
fragen in der App z.B., wenn du die Möglichkeit hättest, die DNA deines | |
Kindes zu ändern - dein Kind intelligenter zu machen oder ihm eine längere | |
Lebenserwartung zu ermöglichen - was würdest du wählen? Am Ende kann man | |
die Daten aller App-Nutzer weltweit auswerten und einen Filter drüberlegen. | |
Wir können dann fragen: Wie haben alle deutschen Frauen zwischen 20 und 30 | |
Jahren, die eine strenge Mutter hatten, die mit einem Tier aufgewachsen | |
sind, wie haben sie diese Frage beantwortet? | |
Wie lösen Sie den Konflikt zwischen Big Data und den persönlichen Daten der | |
einzelnen Individuen? | |
Wir fragen nicht nach persönlichen Identifikationsdaten wie E-Mail-Adressen | |
oder Namen. Bei unserer App geht es darum, dass jeder ehrlich auf die | |
Fragen antwortet. Die Nutzer bleiben anonym. | |
Was passiert mit den von der App gesammelten Daten? | |
Die kompletten Datensätze, die wir durch die App einsammeln, werden am Ende | |
des Projektes von unserem Hauptsponsor EMC Corporation veröffentlicht. | |
Jeder wird diese Daten herunterladen können. Jeder soll die Möglichkeit | |
haben damit zu spielen, die Daten zu erforschen, indem man eben nach dem | |
Prinzip von Big Data verschiedene Filter auf die Datensätze legen kann. | |
Was ist Ihrer Meinung nach die Motivation eines Softwareunternehmens wie | |
EMC Corporation, das ja primär mit Big Data Geld verdienen möchte, ihr | |
Projekt zu finanzieren? | |
Die Menschen haben Schwierigkeiten zu verstehen, was Big Data ist. Mein | |
Unternehmen „Against all Odds Productions“ ist darauf spezialisiert, | |
abstrakte Konzepte zu verbildlichen und einfach verständlich zu machen, | |
sodass auch meine 90-jährige Mutter versteht, was Big Data ist. EMC möchte | |
einfach nur dabei helfen, die Debatte um Big Data weltweit anzustoßen. | |
Wie viel Geld kostet das gesamte Projekt? | |
Es ist eine Millionensumme, die exakte Zahl kann ich nicht sagen. In den | |
Kosten ist aber zum Beispiel eine TV-Show, die App oder das Buch enthalten. | |
Es ist eine auf mehrere Jahre angelegte, weltweite Marketingkampagne. EMC | |
Corporation hat keinen Einfluss auf die Inhalte. Es geht nicht um ihre | |
Technologie, sondern um Big Data im Allgemeinen, vielleicht auch um die | |
Konkurrenz im Zusammenhang mit Big Data. | |
Besteht nicht die Gefahr, dass EMC Corporation die Daten der | |
Smartphone-Nutzer am Ende des Projektes für kommerzielle Zwecke | |
missbraucht? | |
Wir sammeln keine Informationen, wie welches Handy wird am meisten benutzt | |
etc., die für kommerzielle Zwecke genutzt werden könnten. Es geht uns | |
wirklich darum, die Menschen für Big Data zu sensibilisieren und ihnen die | |
Möglichkeiten dieser Technologie aufzuzeigen. | |
Wo möchten Sie Big Data in fünf oder zehn Jahren sehen? | |
Genauso wie das Internet in den vergangenen Jahren so selbstverständlich | |
für unser Leben geworden ist, werden wir uns in ein paar Jahren fragen: Wie | |
konnten wir jemals ohne Big Data leben? Ich denke sogar, dass Big Data | |
größer werden wird als das Internet. Das Internet scheint mir nur eine Art | |
Zwischenstufe auf dem Weg zu Big Data zu sein. | |
11 Nov 2012 | |
## AUTOREN | |
Giuseppe Paletta | |
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