# taz.de -- Gemeinderatswahl in Graz: Stimmenzuwachs bei Kommunisten | |
> Den größten Stimmengewinn hat die KPÖ. Mit 20 Prozent der Stimmen ist sie | |
> jetzt zweitgrößte Partei in Graz. Den Bürgermeisterposten wird sie | |
> voraussichtlich nicht erhalten. | |
Bild: Drei der Grazer SpitzenkandidatInnen (v.l.n.r.): Elke Kahr (KPÖ), Lisa R… | |
WIEN taz | Wahlgewinner in Graz sind die Kommunisten. Bei den | |
Gemeinderatswahlen am Sonntag in Österreichs zweitgrößter Stadt konnte die | |
KPÖ sich mit knapp über 20 Prozent auf den zweiten Platz katapultieren. | |
Damit egalisiert sie fast das historische Ergebnis von 2003. | |
Wahlsieger Bürgermeister Siegfried Nagl von der ÖVP ist gleichzeitig der | |
größte Verlierer, der mehr als fünf Prozentpunkte abgeben musste. Seine | |
Partei rutschte von 38,37 Prozent auf 33,5 Prozent ab und steht vor einer | |
schwierigen Partnersuche. Denn die Grünen, mit denen er bis Mai regierte, | |
kommen für eine Koalition nicht mehr in Frage. | |
Die einseitige Aufkündigung des Bündnisses im Frühjahr hat das Verhältnis | |
zur grünen Vizebürgermeisterin Lisa Rücker zerrüttet. Außerdem hat auch sie | |
verloren. Statt 14,56 Prozent haben die Grünen nur mehr 12 Prozent. | |
Verloren hat auch die SPÖ, die von ihrem historisch schlechtesten Ergebnis | |
im Jahr 2008 noch einmal mehr als vier Prozentpunkte verlor und nur 15,3 | |
Prozent er Wählerstimmen bekam. Zulegen konnte hingegen die FPÖ, die um | |
drei Prozentpunkte zulegte und mit 13,9 Prozent den vierten Platz belegte. | |
Auch die erstmals angetretenen Piraten werden erstmals im Gemeinderat mit | |
einem Mandat vertreten sein. | |
Der Gemeinderat wurde letztes Jahr von 56 auf 48 Mitglieder verkleinert, | |
der Stadtsenat von neun auf sieben Stadträte abgeschlankt. Rein rechnerisch | |
braucht Nagl (seine Partei hat 16 Mandate) für seine Wiederwahl entweder | |
die KPÖ (10 Stimmen) oder zwei andere Parteien. Das wird die Partnersuche | |
nicht leichter machen. | |
Im Vorfeld der Wahlen hatte die Grüne Lisa Rücker angekündigt, sie würde | |
die KPÖ-Frontfrau Elke Kahr zur Bürgermeisterin wählen. Selbst wenn die SPÖ | |
und der Pirat mitzögen, ginge das nicht auf. Es herrscht – vor dem | |
amtlichen Endergebnis, das erst nach Auszählung der Briefwahlstimmen | |
feststehen wird – ein Patt im Gemeinderat. | |
Die Rechte mit ÖVP und FPÖ hätte ebenso 24 Sitze, wie KPÖ, SPÖ, Grüne und | |
Piraten. Die Premiere einer kommunistischen Bürgermeisterin wird also nicht | |
stattfinden. | |
Die 51jährige Elke Kahr übernahm die Partei vom allseits beliebten Ernest | |
Kaltenegger, der die Stadtkommunisten durch persönliche Glaubwürdigkeit und | |
unermüdlichen Einsatz für den Mieterschutz groß gemacht hatte. | |
## Personalwechsel bei der KPÖ | |
Kaltenegger wechselte dann in den steirischen Landtag und hat sich | |
inzwischen ganz aus der Politik verabschiedet. Kahr hat diese Politik | |
fortgesetzt und wie ihr Vorgänger den größeren Teil ihres Einkommens in | |
einen Mieterfonds eingezahlt. Dieser ermöglicht es der KPÖ, in Notfällen | |
unbürokratisch zu helfen. | |
Bürgermeister Nagl ist nach zwei Amtsperioden mit seiner Taktik | |
gescheitert, die politischen Gegner zu überrumpeln. Von seinem Wahlziel | |
einer absoluten Mehrheit ist er weit entfernt. Die Wahlkampfthemen | |
Luftqualität, Verkehr und Stadtentwicklung vermochten das Wahlvolk nicht zu | |
mobilisieren. | |
Zwei Aufregerthemen, die Schaffung einer Umweltzone für die Grazer | |
Innenstadt und die ökologisch nachhaltige Bebauung eines | |
Stadtentwicklungsgebiets, wurden beide in Volksabstimmungen abgelehnt und | |
spielten daher im Wahlkampf keine mobilisierende Rolle mehr. | |
25 Nov 2012 | |
## AUTOREN | |
Ralf Leonhard | |
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