# taz.de -- Philosophie-Magazin: Ab wann bin ich wahnsinnig? | |
> Das Magazin „Hohe Luft“ stellt seit einem Jahr die großen Fragen – ohne | |
> die Antworten vorzugeben. Das kommt an. Ab 2013 erscheint es sechsmal im | |
> Jahr. | |
Bild: Die großen Themen. | |
Obwohl zum Thema Urheberrrecht Informationen im Netz in unüberschaubarer | |
Menge vermeintlich frei verfügbar sind, werden gerade bei dieser Debatte | |
die Begriffe immer wieder vermischt. Die einen fordern ein freies Internet | |
und die Anpassung des Rechts an die Möglichkeiten des neuen Mediums, | |
Verlage und Urheber haben Angst um ihre Existenz, wenn einst geschützte | |
Inhalte gratis im Netz zur Verfügung stehen. | |
„Beide Seiten reden aneinander vorbei, weil sie die Begriffe frei und | |
gratis verwechseln“, schreiben die Autoren Robin Droemer und Tobias Hürter | |
in der dritten Ausgaben von Hohe Luft. Damit Informationen frei, also für | |
jeden zugänglich und nicht zensiert sind, müssen sie eben nicht zugleich | |
gratis sein. | |
Das Philosophiemagazin Hohe Luft versucht seit einem Jahr, Klarheit ins | |
Denken und die Begriffe zu bringen. Das und nicht weniger ist der Anspruch | |
von Chefredakteur Thomas Vašek. In mittlerweile vier Ausgaben stellt das | |
Heft die großen Fragen: Müssen wir überhaupt etwas, darf man lügen, und ab | |
wann ist man eigentlich wahnsinnig? Es behauptet dabei aber nicht, die | |
Antworten zu kennen. | |
Dieses Denken hat offenbar Konjunktur. Anders ist nicht zu erklären, warum | |
der Emotion Verlag in Zeiten der Krise ein Magazin auf den Markt bringt, | |
das mit schweren Themen, langen Texten und wenigen Bildern aufwartet – und | |
davon mit jeder Ausgabe bis zu 20.000 Exemplare verkauft. | |
„Das aktuelle Zeitungssterben ist ja nicht in der fehlenden Lust des | |
Denkens oder Lesens begründet, sondern hat andere Ursachen“, so Vašek, | |
abseits der schnellen Informationsflut biete Hohe Luft Raum für Inhalte und | |
Innehalten. | |
## Die Konkurrenz | |
Überrascht habe er vor einem Jahr festgestellt, dass es in Deutschland zwar | |
mehrere Magazine über Schusswaffen und diverse Zeitschriften über | |
verschiedene Formen des Angelns gibt, aber kein einziges | |
Philosophiemagazin. Fast zeitgleich kamen dann Ende 2011 Hohe Luft und das | |
Philosophie Magazin in den Handel. | |
Kehren angesichts allgemeiner Verunsicherung die Leser also zurück zu den | |
grundsätzlichen Fragen? Lassen sie sich statt des Eurorettungsschirms | |
lieber die Gedanken des Oberschwurblers Martin Heidegger erklären? Das wäre | |
zu kurz gedacht, findet Vašek. Tatsächlich habe nach der Religion | |
mittlerweile auch die Wissenschaft ihre Funktion als Welterklärerin etwas | |
eingebüßt. | |
„Gerade die Neurowissenschaft ist in ihrem Anspruch häufig überzogen.“ Wie | |
entspannt und spannend zugleich kommt da die Philosophie daher, die alle | |
Fragen stellt – ohne endgültige Antworten zu liefern. | |
## Luftig und klar | |
Das passt wiederum in eine Zeit, in der auch junge Parteien wie die Piraten | |
gern damit kokettieren, keine Antworten zu haben, sondern ergebnisoffen zu | |
diskutieren. Aber während es dort oft heißt: „Damit haben wir uns noch | |
nicht befasst“, wühlt die Philosophie sich bis auf den Grund der Dinge vor, | |
sucht beharrlich und strukturiert nach Erkenntnis. „Dieser Prozess, auch | |
komplizierten Gedanken zu folgen, macht offenbar vielen Lesern Spaß“, so | |
Vašek. | |
Im Layout ist vom Gewicht der Gedanken nichts zu spüren, Hohe Luft ist | |
luftig und klar gestaltet. Fast intuitiv findet der Leser sich zurecht – | |
und kann sich so ganz auf den Inhalt konzentrieren. Der nimmt viel Raum | |
ein, während andere Magazine und Tageszeitungen immer stärker auf Bilder | |
setzen, gibt es hier vor allem: Text, ergänzt durch kleinere | |
Illustrationen. Nur in der Mitte wird es regelmäßig bunt, dort fasst | |
jeweils ein Fotoessay Theorie und Kunst zusammen. | |
Ab dem kommenden Jahr erscheint Hohe Luft sechs- statt wie bislang viermal | |
jährlich. Offene Fragen gibt es genug. | |
26 Nov 2012 | |
## AUTOREN | |
Ariane Lemme | |
## TAGS | |
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Philosophie | |
Krise | |
Jenny Erpenbeck | |
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