# taz.de -- Die Wahrheit: Ofen aus in der Weihnachtsbäckerei | |
> Wenn man keine Kinder hat, hat man weniger Probleme. | |
Bild: Das sind die Muckemacher: Verena Roth und Florian Erlbeck | |
Wenn man keine Kinder hat, hat man weniger Probleme. Nicht grundsätzlich, | |
da wird ja von den Kinderlosen vieles übertrieben, weil sie glauben, alle | |
Kinder seien solche Nervensägen wie sie früher. | |
Dabei sind die meisten Kinder ganz nett. Was aber stimmt, ist, dass man | |
ohne eigenen Nachwuchs zum Beispiel nicht darüber nachdenken muss, wie man | |
mit Rolf Zuckowski umgeht. Nicht mit ihm persönlich, denn glücklicherweise | |
begegnet man solchen Menschen selten im echten Leben. | |
Außerdem ist der 65-jährige „Musiker“ wahrscheinlich privat ein tofter Ty… | |
Nett sind sie ja alle. Außer die Arschgeigen, die es in jeder Branche gibt. | |
Keine Ahnung, ob Zuckowski dazugehört, ist mir auch wurscht. Mir reichen | |
schon die Probleme, die er mit seinem Oeuvre bereitet. | |
Wobei ich nicht falsch verstanden werden möchte. Kinder haben, wie wir | |
Erwachsene auch, ein Recht auf Trash. Was Spaß macht, macht eben Spaß, egal | |
wie andere es finden. Egal ob es sich um übergrößige pinkfarbene | |
Jogginganzüge handelt oder gepfiffener Hardrock aus Hannover ist oder | |
Charlie Sheen heißt oder ob auf dem Cover „Benjamin Blümchen“ oder „Bibi | |
Blocksberg“ steht. | |
Aber es gibt auch Grenzen! Als einmal ein fremdes Kind – offensichtlich ein | |
Produkt von geizigen und ästhetisch ignoranten Mittelschichtseltern – bei | |
uns zum Kindergeburtstag erschien und meiner Tochter eine gebrannte CD mit | |
dem Titel „Rolf und seine Freunde im Kindergarten“ überreichte, sagte ich: | |
„Gib mal her, ich leg sie auf den Geburtstagstisch.“ | |
Augenblicklich warf ich den Tonträger in den Papierkorb, ging an den | |
Computer und brannte eine Ersatz-CD. Ich glaube, es war etwas reizend | |
Skurriles von Erwin Grosche oder eins der alten, bekloppt wirren | |
Kinderhörspiele von Ton Steine Scherben. Vielleicht war es auch „Yellow | |
Submarine“ von den Beatles. | |
Hauptsache, mein Kind verklebte sich nicht die Gehörgänge mit der sämigen, | |
breiigen, nach einem Baukastensystem hergestellten, musikalisch | |
uninspirierten, leidenschaftslosen Kinder-Klischee-Schlager-Matschepampe | |
aus dem Hause Z. | |
Einmal wollte ich in einem von mir inszenierten Kindertheaterstück zur | |
Abschreckung ein paar Takte von Zuckowskis „In der Weihnachtsbäckerei“ | |
einspielen. Eine Figur sollte aus Versehen das Radio angeschaltet haben, | |
Sekunden des Zuckowskisongs hören, sich dann mit verzerrtem Gesicht die | |
Ohren zuhalten und schreien: „Iiiihhhh … was ist denn das?“ Kinder und ich | |
stehen auf solche Scherze. | |
Als ich mich dann aber auf die Suche nach einer Aufnahme begab, spürte ich | |
schon beim ersten Anhören: Nein, ich würde nicht das Original abspielen | |
können. Aus Angst, beim Erklingen der Stimme, könne sich der Leibhaftige | |
genau dort, auf der Bühne des Dortmunder Kinder- und Jugendtheaters | |
materialisieren und von mir Besitz ergreifen. Also wählte ich eine | |
Coverversion von Wolfgang Petry. Und das will was heißen! | |
Und nun kündigt der diplomierte Betriebswirt (sic!) Zuckowski an, sich „von | |
der Bühne zurückzuziehen“. Dazu nur kurz und knapp: Danke! | |
28 Nov 2012 | |
## AUTOREN | |
Hartmut El Kurdi | |
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