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# taz.de -- Argentinien im Würgegriff der Hedgefonds: Keinen Cent für die Aas…
> Argentiniens Schulden bei US-Hedgefonds sind milliardenschwer. Ein
> US-Gericht hat jetzt die Forderungen der Finanzspekulanten für rechtens
> erklärt.
Bild: In Ghana hat ein US-Hedgefonds das argentinische Segelschulschiff Liberta…
BUENOS AIRES/FRANKFURT dpa | Argentinien steht mit dem Rücken zur Wand: Ein
New Yorker Richter hat Buenos Aires verurteilt, über zehn Jahre alte
Anleiheschulden in Milliardenhöhe bei aggressiven US-Hedgefonds zu
begleichen. Keinen Cent sollen die „Aasgeier“ bekommen, betont die
Regierung. Doch das Land steckt tief im Dilemma – eine Weigerung könnte
sogar den erneuten Staatsbankrott auslösen.
Der umstrittene Hedgefonds-Milliardär Paul Singer dürfte sich über das
Urteil des New Yorker Richters Thomas Griesa gefreut haben. Der
Richterspruch zwingt Argentinien, 1,3 Milliarden Dollar (rund 1 Milliarde
Euro) an eine Gruppe von Investoren auszuzahlen, die Singers Hedgefonds NML
Capital anführt. In einem jahrelangen Rechtsstreit hat sich das Blatt damit
überraschend zu Singers Gunsten gewendet.
Die Finanzspekulanten hatten sich vor knapp elf Jahren mit argentinischen
Staatspapieren eingedeckt. Damals stand das Land vor der Pleite. Die Kurse
der Anleihen waren im Keller, was einen Einkauf zu Schnäppchenpreisen
ermöglichte.
Argentinien stellte den Schuldendienst Anfang 2002 ein und erklärte sich
für zahlungsunfähig. Mehr als 90 Prozent der Gläubiger nahmen bei einem
Schuldenschnitt enorme Verluste auf ihre ursprünglichen Forderungen in
Kauf, um nicht komplett leer auszugehen.
Singer und andere Investoren beteiligten sich an den beiden
Umschuldungsrunden in den Jahren 2005 und 2010 allerdings nicht. Obwohl sie
erst eingestiegen waren, als viele Experten den Zahlungsausfall bereits für
absehbar hielten, klagten sie auf volle Rückzahlung der Anleiheschulden zum
vollen Wert. Hedgefonds wie NML haben das Ausschlachten von Pleitestaaten
zum Geschäftsmodell gemacht. Singer hat auch schon die Regierungen in Peru,
dem Kongo und Griechenland in die Mangel genommen.
## Segelschulschiff beschlagnahmt
Die Methoden, mit denen Singers Heer von Anwälten Schulden eintreibt,
dürften die meisten Inkassounternehmen vor Neid erblassen lassen. Rund um
den Globus jagt NML Vermögenswerte in argentinischem Staatsbesitz. Im
Oktober gelang der bislang größte Coup: Der Hedgefonds schaffte es per
einstweiliger Verfügung, das argentinische Segelschulschiff „Libertad“ in
Ghana beschlagnahmen zu lassen.
Wesentlich wichtiger als solche symbolischen Aktionen ist jedoch der
jüngste Erfolg vor Gericht. Dass überhaupt ein New Yorker Richter über
argentinische Schulden entscheidet, liegt daran, dass die Anleihen
seinerzeit unter US-Recht in Dollar ausgegeben wurden, um sie für
internationale Investoren attraktiver zu machen. Das könnte dem Land nun
zum Verhängnis werden.
Der Richterspruch bringt die argentinische Regierung in eine Zwickmühle.
Denn er besagt, dass Buenos Aires seine Staatsanleihen nicht bedienen darf,
solange die Altschulden bei den Hedgefonds nicht bezahlt sind. Argentinien
hat zwar Berufung eingelegt und viele Experten sehen durchaus Chancen, sich
letztendlich gegen die unangenehmen Gläubiger durchzusetzen.
Doch die Zeit drängt: Am 15. Dezember werden Zahlungen über 3,5 Milliarden
Dollar gegenüber den Investoren fällig, die sich an den Umschuldungen
beteiligt und neue Anleihen erhalten hatten. Dadurch wird der Fall
hochbrisant.
## Freifahrtschein für Trittbrettfahrer
Bedient Argentinien die Hedgefonds, dürfte das als Freifahrtschein von
Trittbrettfahrern aufgefasst werden. Insgesamt sind elf Milliarden Dollar
an Auslandsschuld nicht in den Umschuldungen aufgenommen worden, rund 70
Prozent davon sind in New York vermarktete Bonds, der Rest stammt aus
Europa und Japan.
Bleibt Buenos Aires stur gegenüber den Hedgefonds, kann US-Richter Griesa
die Zahlungen an die restlichen Gläubiger quasi direkt vor der eigenen
Haustür pfänden – das Geld soll über die Bank of New York ausgezahlt
werden. Damit würde im schlimmsten Fall eine technische Staatspleite
drohen.
Glaubt man den Gerüchten am Markt, würde Singer auch davon profitieren –
sein Fonds soll bereits im großen Stil mit Ausfallversicherungen auf dieses
Szenario spekulieren. (Hannes Breustedt)
27 Nov 2012
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