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# taz.de -- Krise in Ägypten: Neue Verfassung kommt früher
> Die Abstimmung über eine neue ägyptische Verfassung soll vorgezogen
> werden, kündigte das zuständige Komitee an. Indes gehen die Proteste
> gegen Mursi weiter.
Bild: Auch am Mittwoch gingen die Proteste in Kairo weiter.
KAIRO dpa/afp | Das von Islamisten dominierte ägyptische Verfassungskomitee
will die ursprünglich für Dezember geplante Abstimmung über seinen
umstrittenen Verfassungsentwurf vorziehen. Das verkündete der
Generalsekretär des Komitees, Amr Darrag, am Mittwoch in Kairo.
Er sagte, die Diskussion über den Entwurf sei bereits abgeschlossen. Jetzt
könne die Abstimmung zügig stattfinden. Anschließend werde der Entwurf dem
Präsidenten vorgelegt. Bester Weg aus der aktuellen Krise sei eine
Beschleunigung des Verfassungsprozesses.
Liberale und Christen hatten das Verfassungskomitee in den vergangenen
Wochen unter Protest verlassen. Sie warfen den Islamisten vor, diese gingen
überhaupt nicht auf ihre Vorschläge ein und seien nur daran interessiert,
die Vormachtstellung ihrer Parteien durch eine maßgeschneiderte Verfassung
abzusichern. Der Fahrplan für die Übergangszeit sieht eine Volksabstimmung
über den Verfassungsentwurf fort. Der Termin für das Referendum steht noch
nicht fest.
## Tränengas gegen Demonstranten
Auch am Tag nach dem größten Oppositionsprotest seit dem Sturz des früheren
ägyptischen Machthabers Husni Mubarak hat sich die Lage in Ägypten nicht
beruhigt. Polizisten gingen am Mittwoch mit Tränengas gegen Demonstranten
im Zentrum der Hauptstadt Kairo vor, die gegen Präsident Mohammed Mursi
protestierten. Der Oberste Berufungsgerichtshof trat aus Protest gegen die
von Mursi verfügte Kompetenzbeschneidung der Justiz in den Streik.
Nächtliche Auseinandersetzungen in umliegenden Straßen griffen am Morgen
auf den symbolträchtigen Tahrir-Platz in Kairo über. Auf Fernsehbildern
waren maskierte Demonstranten zu sehen, die Behälter mit Tränengas
aufsammelten und in Richtung der Polizei zurückwarfen. Auch viele Zelte auf
dem Platz, in denen die Gegner Mursis seit Freitag campieren, waren in
Tränengas gehüllt.
Am Dienstag hatten zehntausende Menschen auf dem Tahrir-Platz gegen die
jüngste Machterweiterung Mursis demonstriert. Der Staatschef hatte sich in
der vergangenen Woche in einer Verfassungserklärung weitreichende neue
Vollmachten gegeben, unter anderem machte er seine Entscheidungen
juristisch unanfechtbar. Die Demonstrationen vom Dienstag waren die größten
seit Mursis Wahl im Juni.
Die Proteste gegen Mursi und seine aus den islamistischen Muslimbrüdern
hervorgegangene Partei für Freiheit und Gerechtigkeit in Kairo und anderen
Städten halten seit Donnerstag an. Bei gewaltsamen Ausschreitungen wurden
drei Menschen getötet und hunderte weitere verletzt. Der Internationale
Währungsfonds (IWF) warnte, vorgesehene Milliardenhilfen an Ägypten zu
überdenken.
## Bedingungen für deutsche Entwicklungshilfe
Die Muslimbrüder kündigten Kundgebungen zur Unterstützung Mursis für
kommenden Samstag an. Eine Großdemonstration sei in Kairo geplant, sagte
ein Sprecher. Eigentlich hatte die Muslimbruderschaft bereits für Dienstag
Gegenkundgebungen angesetzt, diese aber nach eigenen Angaben abgesagt, um
Gewalt zu vermeiden.
Der Berufungsgerichtshof habe „die Arbeit vollständig eingestellt“,
berichtete die amtliche ägyptische Nachrichtenagentur Mena am Mittwoch. Die
Richter wollten ihre Arbeit erst wieder aufnehmen, wenn Mursi den
Verfassungszusatz, der seine Entscheidungen unangreifbar macht, wieder
aufgehoben habe.
Bundesentwicklungshilfeminister Dirk Niebel (FDP) kündigte an, Hilfen für
Ägypten an Bedingungen zu knüpfen. Mursi solle „keinen Zweifel zulassen,
dass Ägypten sich auf dem Weg der Demokratie befindet“, sagte er der
Bild-Zeitung vom Donnerstag. „Daran werden auch wir ihn messen“, fügte er
hinzu. Im Dezember solle „über unsere weitere Zusammenarbeit entschieden“
werden.
US-Außenamtssprecherin Victoria Nuland sagte am Dienstag, es handele sich
bei Mursi „keineswegs um einen Autokraten, der einfach sagt 'dies oder
nichts'“. Allerdings sei die Lage in Kairo nicht klar. „Wir besprechen uns
mit den verschiedenen Parteien, um zu verstehen, wie sie die Lage
einschätzen“, sagte Nuland.
28 Nov 2012
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Schwerpunkt Nahost-Konflikt
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