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# taz.de -- NDR-Doku „Hudekamp – ein Heimatfilm“: Umeinander kümmern
> Seit dem Tod seines Vaters ist der 12-jährige Ido das Familienoberhaupt.
> Er ist der Held der Doku „Hudekamp“ über eine prekäre Wohnsiedlung im
> Süden Lübecks.
Bild: Auf dem Dach von Hudekamp: Hausmeister Klaus Noll.
Schnaps, Instant-Cappuccinopulver, kaltes Wasser – daraus besteht das
Getränk, das sich Sebastian F., morgens mischt. „Alkoholiker mögen keinen
Alkohol“, sagt er. „Ich brauch‘ ja bloß den scheiß Pegel.“
Der 38-jährige, der auch noch von anderen Drogen abhängig zu sein scheint,
lebt im 13. Stock des Hochhausblocks Hudekamp. Die Siedlung liegt im Süden
Lübecks, es ist die Problemgegend der Stadt. Im Haus, in dem Sebastian F.
wohnt, haben sich die NDR-Autoren Christian von Brockhausen und Pia-Luisa
Lenz für einige Wochen mit einer Kamera einquartiert, um zu zeigen, dass
das Prekariat überall lebt, nicht nur in Neukölln und an anderen wenigen
Knotenpunkten der medialen Aufmerksamkeit.
Sie haben dabei Impressionen einer der ungewöhnlichsten Freundschaften
eingefangen, die man seit langem im Fernsehen gesehen hat. Der klapprige
Sebastian, der selber offenbar kaum isst, kocht für eine eigentlich
pflegebedürftige 71-jährige, er unterstützt sie auch sonst.
Zwei „Hilflose“ kümmern sich umeinander, sagt der Hausmeister, der in einer
Art Regieraum sitzt. Er ist Herr über ein bizarres System von 20
Überwachungskameras. Nicht das einzige Kontrollsystem: Ein im Haus
wohnender Nazi hat für seine Wohnung noch eine eigene Videoüberwachung
installiert.
Experten kommen in „Hudekamp – Ein Heimatfilm“ nicht zu Wort, sondern,
abgesehen von einem Lehrer, nur Bewohner. Die Autorenduo stellen sie nicht
zur Schau, sie lassen ihnen ihre Würde. Der Held der 65-minutigen
Dokumentation ist der 12-jährige Kurde Ibo. Seit dem Tod seines Vaters ist
er das Familienoberhaupt, er passt auf die drei jüngeren Geschwister auf,
denn seine Mutter scheint dazu nicht in der Lage zu sein. Ibos Schwester
erzählt von Alpträumen, sie benötigt offenbar psychologische Hilfe.
Vielleicht trägt der Film dazu bei, dass sie sie bekommt.
Ein Hudekamp-Bewohner könnte es schaffen, den Verhältnissen zu entkommen:
der 22-jährige Student Adnan, Berufswunsch Berufsschullehrer. Er erzählt,
jede Nacht seien im Haus Schreie zu hören, aber man gewöhne sich so sehr
daran, dass man sie schließlich nicht mehr höre. „Das ist, als wenn du am
Strand lebst, da hörst du das Meer irgendwann auch nicht mehr“, sagt er,
und es klingt, als sei das Meer weit weg, in einem unerreichbaren Land.
Dabei liegt es am anderen Ende der Stadt: Der Ostseestrand ist rund 20
Kilometer von Hudekamp entfernt.
## „Hudekamp – Ein Heimatfilm“, NDR Fernsehen, 0 Uhr (Nacht von Dienstag
auf Mittwoch)
4 Dec 2012
## AUTOREN
René Martens
## TAGS
NDR
Dokumentarfilm
Prekariat
Lübeck
Märchen
NPD
Sachsen
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