# taz.de -- Streit der Woche: „Wir richten uns selbst zu Grunde“ | |
> Händewaschen sei eine angemessene Vorbereitung auf den Weltuntergang, | |
> findet Wladimir Kaminer. Der Klimaforscher Mojib Latif hingegen sieht | |
> Alarmzeichen. | |
Bild: Maya-Handschrift, die angeblich den Weltuntergang vorhersagt. | |
„Die Russen blicken dem Ende der Welt entspannt entgegen“, sagt der | |
Schriftsteller Wladimir Kaminer im aktuellen sonntaz-Streit. „Sie haben so | |
etwas Ähnliches schon mehrmals gehabt, 1917, 1991 und 2000.“ Angesichts | |
einer kolportierten jahrhundertealten Prophezeihung der Maya steht uns | |
nämlich am 21. Dezember der Weltuntergang ins Haus. | |
Das kann man einerseits als Aberglauben auf die leichte Schulter nehmen. | |
Andererseits kann man es aber auch zum Anlass nehmen, sich Gedanken über | |
den Zustand der Erde zu machen. | |
„Der Weltuntergang hat viele Gesichter. Wir sind mit schuld“, stellt Mojib | |
Latif fest. Er erkennt ernsthafte Bedrohungen, denn: „Wir führen ein | |
gewaltiges Experiment mit der Erde aus“. Er befürchtet, dass die komplexen | |
Ökosysteme der Erde ohne Vorwarnung kippen könnten. | |
## Ernsthafte Entwarnung | |
Die russische Regierung nimmt die Angst vor dem Weltuntergang besonders | |
ernst. Das Weltuntergangs-Dementi des Zivilschutzministers Wladimir | |
Putschkow war auf der Titelseite der Regierungszeitung „Rossijskaja Gaseta“ | |
zu lesen. Kaminer bemerkt allerdings unaufgeregt: „Das neue Ende wird nicht | |
das erste Ende und nicht das letzte Ende sein“. | |
Auch Antje Gunsenheimer hat keine Angst vor dem Weltuntergang. Die | |
Altamerikanistin weiß, dass „Zeit für die Maya unendlich war“. Am 21. | |
Dezember endet im Maya-Kalender das 13. Bak'tun. Ein Bak'tun ist im | |
Maya-Kalender einfach eine sehr große Zeitspanne, die mehrere Jahrtausende | |
umfasst. Das Ende des 13. Bak'tuns ist somit mit einer Jahrtaussendwende im | |
römischen Kalender vergleichbar. | |
„Das letzte Wort hat der, der das Universum schuf“, sagt der Maler Johannes | |
Schreiter. Er begründet seine Furchtlosigkeit mit seinem Vertrauen in die | |
Propezeihungen der Bibel. Ob religiöses oder naturwissenschaftliches | |
Weltbild, Grund zur Sorge besteht offenbar nicht. „Es ist nicht so einfach, | |
die Welt zu zerstören“, sagt der Physiker Werner Gruber. Aber er ergänzt: | |
„Zu Tode gefürchtet ist auch gestorben.“ | |
## Zwei Grad sind zu viel | |
Gefahren für die Welt sehen die Streit-Teilnehmer im unverantwortlichen | |
Umgang des Menschen mit der Natur. Mojib Lativ warnt: „Wir vergiften die | |
Luft, die Böden und die Meere“. Solche Befürchtungen teilt auch die | |
österreichische Klimaforscherin Helga Kromb-Kolb. Sie sagt: „Wenn die | |
globale Temperatur über zwei Grad Celsius gegenüber vorindustriellem Niveau | |
ansteigt, dann kann das Klima wegen der Dynamik natürlicher, | |
selbstverstärkender Prozesse wahrscheinlich nicht mehr stabilisiert | |
werden.“ | |
Auch der Kabarettist Christoph Süß erkennt menschengemachte Probleme als | |
ernsthafte Bedrohung für die Erde. Er findet, das müsse man ernst nehmen | |
und entsprechend handeln. Aber statt dessen „haben wir lieber Angst vor dem | |
Einschlag eines wirklichen Asteroiden. Oder dem Maya Kalender“. Seine | |
Schlussfolgerung: „Also was passiert am 21. Dezember? Halt das, was die | |
ganze Zeit schon passiert: Die Welt geht unter. Immer schneller“. | |
Dass die Sternenkonstellation am 21. Dezember explosiv ist, befindet die | |
Astrologin Elisabeth Teissier. Ein Weltuntergang sei darum aber nicht zu | |
erwarten. In den Sternen sieht sie weniger Bedrohung für die Menschheit als | |
in politischen, ökologischen und ökonomischen Schieflagen: „Wenn ich die | |
Entwicklungen in Ägypten und Syrien sehe, und vor allem die Umweltprobleme | |
durch Atomenergie oder genetisch veränderte Organismen, um nur die zwei | |
Beispiele zu nennen, brauchen wir keine große kosmische Katastrophe. Wir | |
richten uns selbst zu Grunde“. | |
Die sonntaz-Frage „Müssen wir uns vor dem Weltuntergang fürchten?“ | |
beantworteten außerdem Ilze Rassa, Pressesprecherin der lettischen | |
Versicherung BALTA, Hendrik Schirmer, Geschäftsführer von | |
www.fluchtrucksack.de und per E-Mail der sonntaz-Leser Martin Kesper. | |
Der nächste „Streit der Woche“ erscheint am 4./5. Januar, sofern die Welt | |
dann noch steht. | |
15 Dec 2012 | |
## AUTOREN | |
Andreas Kiener | |
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