# taz.de -- Mehr Zulassungen für Landärzte: Kaum einer will aufs Land | |
> Weil es zu wenige Ärzte auf dem Land gibt, sollen dort künftig mehr | |
> Praxen bewilligt werden. Doch schon jetzt sind Hunderte Stellen | |
> unbesetzt. | |
Bild: Besonders Ärztinnen fürchten die Arbeitszeiten auf dem Land. | |
BERLIN taz | In den [1][Foren des Portals] beklagen Allgemeinärzte auf dem | |
Land die „Nichtverkäuflichkeit“ ihrer Praxen, weil sich kein Nachfolger | |
findet. Die neue Bedarfsplanung, die zusätzliche Arztstellen in den | |
ländlichen Regionen vorsieht, erntet dort nur Hohn, denn damit, so der | |
Tenor in den Foren, werde das Landarztdasein noch lange nicht attraktiver. | |
Der Gemeinsame Bundesausschuss der kassenärztlichen Bundesvereinigung und | |
Krankenkassen (G-BA) hatte am Donnerstag neue Richtlinien zur | |
Bedarfsplanung vorgestellt, nach denen die Kassenärztlichen Vereinigungen | |
Ärzten in ländlichen Regionen zusätzliche Praxissitze bewilligen sollen. | |
Bundesweit ergeben sich für den hausärztlichen Bereich annähernd 3.000 | |
freie Sitze einschließlich der jetzt schon freien Stellen. Für den Bereich | |
der Psychotherapeuten sprach der G-BA von einem Zuwachs von 1.400 neuen | |
Sitzen. | |
Doch bisher schon sind Hunderte Stellen für Allgemeinärzte in ländlichen | |
Gebieten nicht besetzt. Die neue Bedarfsplanung mit einer kleinteiligeren | |
Aufteilungen der Versorgungsgebiete für die Allgemeinärzte sei zwar zu | |
begrüßen, erklärte Ulrich Weigeldt, Bundesvorsitzender des | |
Hausärzteverbands, der taz. | |
Doch müssten die Arbeitsbedingungen für die Hausärzte verbessert und die | |
Honorierung vom Punktesystem gelöst werden. Das sei jetzt schon in den | |
Direktverträgen der Mediziner mit einigen Krankenkassen der Fall. Aus | |
Altersgründen werden in den nächsten Jahren viele Landarztpraxen frei. Der | |
Altersdurchschnitt der Hausärzte liegt bei 57 Jahren. | |
## Ärztinnen wollen Teilzeit | |
Allein im Oberhavelkreis nördlich von Berlin seien derzeit schon 16 | |
Hausarztstellen nicht besetzt, erklärte Ulrich Schwantes, Vorsitzender des | |
Hausärzteverbands Brandenburg, der taz. Schwantes, der selbst mit zwei | |
anderen ÄrztInnen eine Gemeinschaftspraxis in – ausgerechnet – Schwante | |
führt, erklärte, viele junge Ärzte wollten nicht als Einzelkämpfer in die | |
Verantwortung für mehrere tausend Patienten gehen. „Das kann man durchaus | |
verstehen“. | |
Die Zukunft der ärztlichen Versorgung auf dem Land gehöre wahrscheinlich | |
der Praxisgemeinschaft und nicht mehr der Einzelpraxis, so Schwantes. | |
Frühere Befragungen haben zudem gezeigt, dass sich besonders Ärztinnen | |
geregelte Arbeitszeiten wünschen, die mit einer Familie vereinbar sind und | |
auch eine Teilzeittätigkeit erlauben. | |
Einige Gemeinden in Brandenburg werben inzwischen direkt um Allgemeinärzte, | |
so Schwantes. Sie stellen etwa Immobilien zur Verfügung und schalten | |
Inserate. Die früher noch geltende Residenzpflicht, nach der | |
niedergelassene Ärzte zumindest in der Nähe ihrer Praxis wohnen müssen, ist | |
für die Landarztpraxen abgeschafft. Theoretisch kann also auch ein in einer | |
Metropole wohnender Arzt eine Landarztpraxis im Umland betreiben. | |
## Kammer befürchtet Abbau | |
Die Bundespsychotherapeutenkammer hat sich unterdessen aus ganz anderen | |
Gründen kritisch zur Bedarfsplanung geäußert. Der angekündigte rechnerische | |
Zuwachs von 1.400 zusätzlichen Psychotherapeuten sei eine „Mogelpackung“, | |
kritisierte Kammerpräsident Rainer Richter. Denn bei diesem vermeintlichen | |
Zuwachs ginge der G-BA als Basis vom Bestand im Jahr 1999 aus. | |
Damals gab es in Deutschland nur rund 15.100 Praxen, inzwischen sind es | |
laut Psychotherapeutenkammer aber 22.900. Die Kammer befürchtet daher in | |
den Ballungsgebieten einen faktischen Abbau der Praxissitze, wenn | |
TherapeutInnen aus Altersgründen ausscheiden und damit ihre Zulassung | |
zurückgeben. | |
Zu einer Ausdünnung der Psychotherapiepraxen werde es im Zuge der neuen | |
Richtlinien für die Bedarfsplanung nicht kommen, sagte hingegen Roland | |
Stahl, Sprecher der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, der taz. | |
21 Dec 2012 | |
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## AUTOREN | |
Barbara Dribbusch | |
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