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# taz.de -- Schule: Förderung hinkt hinterher
> Die Zahl der Kinder mit Migrationshintergrund in Hamburg steigt, doch
> mehr Sprachlehrer aber gibt es für sie nicht.
Bild: Wachsende Zielgruppe: Türkische Schülerin mit Kopftuch.
Seit dem Brandbrief von 14 Wilhelmsburger Schulleitern wird darüber
diskutiert, wie sich die Lernbedingungen auf der Elbinsel verbessern
lassen. Dort liegt die Hälfte der Schüler bei Vergleichstests weit hinter
dem Hamburger Durchschnitt. Dabei werden allerdings Normen für deutsche
Muttersprachler angesetzt – und nicht für eine Schülerschaft, die zuhause
kaum oder gar nicht Deutsch spricht.
Nicht nur in Wilhelmsburg, in ganz Hamburg ist der Anteil der Schulkinder
mit Migrationshintergrund im vergangenen Jahrzehnt stark gestiegen: Hatten
2003 noch 41 Prozent der Vierjährigen Eltern mit Migrationsstatus, traf
dies im Schuljahr 2011/12 schon auf 48,4 Prozent der Erstklässler zu. Und
laut Bildungsbericht 2011 haben 48,9 Prozent aller Fünf- bis 15-Jährigen
eine „familiäre Zuwanderungsgeschichte“. Sie wohnen in Stadtteilen wie
Jenfeld, Billstedt, Allermöhe, Harburg oder eben Wilhelmsburg.
Doch die stadtweit zur Verfügung stehenden Lehrerstellen für
Sprachförderung blieben, nachdem sie 2005 unter CDU-Regierung um 100
Stellen gesenkt wurden, konstant. Zuletzt wurden sie im vergangenen Jahr
sogar noch von 326 auf 287 reduziert, weil den Sonderschulen ihre Zuweisung
gestrichen wurde.
Zugleich ist die Zahl der Schüler, die eine additive Sprachförderung
benötigen, um weit mehr als die Hälfte gestiegen. Die Schulen führen dafür
bis jeweils am Anfang und am Ende des Schuljahres Sprachstandsdiagnosen
durch. Hatten im August 2005 noch 13.221 Schüler erheblichen Förderbedarf,
stieg ihr Anteil seither kontinuierlich an. Nach den aktuellsten Daten
brauchten im Schuljahr 2010/11 20.713 Kinder neben dem Regelunterricht
Sprachförderung.
Die dafür eingeplanten Lehrerstunden passen sich nicht dem Bedarf an. Sie
werden nach den sogenannten Kess-Sozialindizes verteilt (siehe Kasten). Die
meisten Gymnasien bekommen nichts, eine Stadtteilschule mit 1.000 Schülern
in „sozial schwieriger“ Lage erhält vier bis fünf Stellen. Eine solche
Schule hat dann bis zu 90 Prozent Schüler mit Migrationshintergrund.
Auf die Frage, ob nicht eine Anpassung nötig sei, erklärt Schulsenator Ties
Rabe (SPD), man warte ein Forschungsprojekt von Bund und
Kultusministerkonferenz ab. Es heißt „Bildung durch Sprache und Schrift“
(BISS), ist auf fünf Jahre ausgerichtet und wird erst im Herbst 2013
beginnen. Es gebe in 16 Ländern 65 verschiedene Sprachförderprogramme, sagt
Rabes Sprecher Peter Albrecht – da gelte es zunächst einmal zu klären, „w…
genau Sprachförderung eigentlich wirkt“.
Warten bis 2018? Das ist zu lange, findet die Grünen-Abgeordnete Stefanie
von Berg. Auch wenn Evaluation wichtig sei, müsse schneller reagiert
werden, „weil es sonst zu einer Schräglage kommt“.
„Es spricht vieles dafür, Sprachförderkonzepte zu überprüfen“, sagt auch
Klaus Bullan, Landeschef der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW).
Schulen in benachteiligten Quartieren bräuchten aber schon jetzt
zusätzliche Lehrer. „Wenn der Bedarf steigt und man nicht drauf reagiert,
ist das sonst faktisch eine Kürzung.“
3 Jan 2013
## AUTOREN
Kaija Kutter
## TAGS
Schule
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