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# taz.de -- Kolumne Über Ball und die Welt: Das Ende der britischen Hegemonie
> Fußball ist die zur Globalisierung passende Körperkultur. Das hat man
> jetzt auch auf den Fidschiinseln erkannt und in eine neue große
> Fernsehshow gepackt.
Bild: Richtig, diese sportaffine Dame auf den Fidschiinseln träumt gerade von …
Der Chef einer öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalt hat jüngst erklärt,
dass Sport ein Werkzeug des „Nation Building“ sei. Soll heißen: Er taugt
ziemlich gut, wenn man so etwas wie einen richtigen Staat aufbauen will.
Deshalb, so führte der Fernsehboss, ein früherer Journalist namens Riyaz
Sayed-Khaiyum, weiter aus, wird künftig eine neue große Fußballshow zu
sehen sein. [1][„Fiji Foot“] heißt sie, läuft im Programm der Fiji
Broadcasting Corporation (FBC), und der Fußball, der präsentiert wird, ist,
man ahnt es schon, der der Fidschiinseln.
Was hat das mit Nation Building zu tun, könnte man fragen, es gibt doch die
Republik Fidschi schon eine ganze Weile? Und warum Fußball, schließlich ist
dort Rugby der mit Abstand populärste Sport? Die Antwort hat etwas damit zu
tun, dass sich Fußball immer mehr als die zur Globalisierung passende
Körperkultur entpuppt.
Was da künftig regelmäßig über Fidschi-Fernseher läuft, ist das Ergebnis
einer Kooperation von FBC mit dem nationalen Fußballbund FFA. Bob Kumar,
der FFA-Chef, erklärte, er und seine Funktionärskollegen hätten schon
ziemlich lange die Idee gehabt, das Medium Fernsehen zu nutzen, um ihren
Sport zu promoten. „Die Ozeanische Fußball-Konföderation OFC hat uns das
Equipment gegeben und unsere Leute ausgebildet.“
Ist das nicht bizarr? Der Fußballverband lässt sich alles zuschustern, was
man so braucht, um eine Fernsehsendung zu machen, erschnorrt oder erkauft
sich beim größten Sender des Landes einen attraktiven Sendeplatz, und diese
merkwürdige Aktion wird auch noch vollmundig mit politischen Begriffen
aufgepeppt, als ob man gerade eine Diktatur gestürzt hätte und jetzt eine
demokratische Gesellschaft aufbauen wollte.
## Verbreitete Logik
Es ist nicht bizarr, sondern gehorcht einer sehr verbreiteten Logik. Nun
herrscht zwar in Fidschi das Militär, das sich 2007 an die Macht geputscht
hatte – aber mit der bald jeden Freitagabend laufenden Fußballshow hat das,
wenn überhaupt, nur sehr vermittelt etwas zu tun. Schon eher damit, dass
vom Commonwealth, von der alten britischen Hegemonie, die Rugby und Kricket
nach Asien gebracht hat, nicht mehr viel übrig bleibt.
„Die werbende Kraft des modernen Sports ergreift auch die weitere Inselwelt
des Pazifischen Beckens“, hatte schon der deutsche Sportfunktionär [2][Carl
Diem] 1960 geschrieben. „Vor allem scheinen die Bewohner der Fidschi-Inseln
sich auszuzeichnen.“ Diem glaubte fest daran, mit dem Sport europäische
Macht in jedem Winkel der Erde begründen zu können.
Dass auf den Fidschiinseln Rugby populärer ist, hat ähnliche Ursachen wie
die, dass in der früheren portugiesischen Kolonie Brasilien Fußball und in
Ländern wie Kuba oder Nicaragua Baseball, gern auf Spanisch „Beisbol“
gerufen, gespielt wird. Sport gehört zum Menschsein, und wenn die
menschliche Gesellschaft so eingerichtet ist, dass die einen über die
anderen herrschen, dann bringen die oben auch ihren Sport mit.
Der Fußball ist da keine Ausnahme, auch nicht auf den Fidschis. Zur
Teilhabe am Weltmarkt gehört nicht nur, dass Länder darum buhlen, günstige
Produktionsstätten für transnationale Konzerne zu sein, nicht nur, dass die
Universitäten marktkompatible Experten ausbilden, nicht nur, dass
Sozialsysteme, wie es so eklig heißt, „verschlankt“ werden und auch nicht,
dass in jeder Stadt der Erde McDonald’s, Rossmann- oder Starbucks-Filialen
rumstehen.
## Weltweit vermarktbar
Auch der Fußball gehört zur Globalisierung: Hier werden mit Lionel Messi
oder David Beckham Weltstars geschaffen, die, anders als die Helden des
Rugby- oder Baseballsports, wirklich in der ganzen Welt bekannt sind. Sie
sind auch global vermarktbar. Der Weltsport Fußball hilft, nationale
Schranken niederzureißen.
Wenn also eine scheinbar simple Sache wie die Platzierung einer neuen
Fußballshow im Fernsehen der Fidschis mit Nation Building begründet wird,
zeigt das, wie sehr auch der Fußball seine Bedeutung hat, wenn eine neue
Weltordnung entsteht.
17 Jan 2013
## LINKS
[1] http://www.fijisun.com.fj/2013/01/10/fiji-foot-on-fbc-tv/
[2] http://www.dhm.de/lemo/html/biografien/DiemCarl/index.html
## AUTOREN
Martin Krauss
## TAGS
Fernsehshow
Fifa
Konklave
Ägypten
Saudi-Arabien
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