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# taz.de -- Streit der Woche: „Wowereit als größter Klimaschützer“
> Soll der Bau des Berliner Flughafen BER gestoppt werden? Ja, sagt der
> Ökonom Niko Paech. Ein Abbruch sei eine große Chance.
Bild: Wäre ein Abriss die richtige Exit-Strategie für den BER?
Flughafenchef Altman sieht es mittlerweile positiv: Die beim stockenden
BER-Bau gewonnene Zeit könne man jetzt nutzen, um die Gepäckausgabe nochmal
zu überdenken. Die vorhandenen acht Gepäckausgabebänder seien zu wenig,
hatte ein Gutachten im vergangenen Jahr befunden. Was kommt noch alles?
Mangelhafter Brandschutz, nicht funktionierende Lüftung, Probleme mit der
Statik. Jetzt die Gepäckausgabe. Inmitten dieses Desasters dennoch etwas
positives zu entdecken – damit liegt Altman voll im Trend.
Auch Niko Paech, Ökonom und Wachstumskritiker, freut sich über das Debakel:
„Wer hätte das gedacht: Klaus Wowereit als größter Klimaschützer
Deutschlands!“, kommentiert er unseren Streit. Es sei begrüßenswert, dass
der Bau der „potentiell größten Berliner CO2-Schleuder“ nicht voran kommt.
„Wer heute noch Flughäfen neu- oder ausbaut, kann nur das fossile Zeitalter
fortsetzen wollen – etwa durch Fracking?“
Im Abbruch des Projekts sieht Paech eine große Chance: Geld zu sparen, die
Umwelt zu schonen, eine weniger kerosinabhängige Wirtschaft zu stärken und
ein „Zeichen gegen überkommene Gigantomanie“ zu setzen.
„Murks bleibt eben Murks“, kommentiert Kristian-Peter Stange vom
Bürgerverein Brandenburg-Berlin. Auf einem maroden Fundament könne man
einfach keinen soliden Bau errichten. Es sei deshalb kein Wunder, dass
niemand die Geschäftsführung übernehmen wolle. Noch sei es aber nicht zu
spät „vorliegende Konzepte zu nutzen, um die Investruine BER in Schönefeld
profitabel nachzunutzen und einen notwendigen Flughafen Berlin-Brandenburg
am geeigneten Standort zu errichten.“
Gesine Lötzsch, haushaltspolitische Sprecherin der Linken, fordert eine
zügige Fertigstellung. Die gelänge aber nur, wenn der zuständige Minister
und seine Sekretäre zurücktreten würden. Bundesverkehrsminister Ramsauer
sei ein „Klumpenrisiko“ und alle Projekte, für die er Verantwortung trägt,
seien „in die Lederhose gegangen.“
## Kindergarten statt Flughafen
Ein Abriss sei keine Lösung, findet Gerhard Zeige, Geschäftsführer der
Berliner Bauberäumung GmbH. „Das ist ja alles Stahlbeton, den wegzureißen,
das würde in die Milliarden gehen“, sagt er. Eine Umgestaltung findet er
sinnvoll. „Die Führungsetage soll fliegen“ und das Gelände fürs Gewerbe
freigegeben werden: „zum Beispiel für Möbelketten.“
Auch unsere Leserin Sabine Christmann hat alternative Nutzungsvorschläge:
„Macht einen Spielplatz daraus. Oder ein Kindergarten. Oder ein
Schwimmbad“, kommentiert sie auf Facebook. „Bonusmeilenjäger dürfen ihre
Boni dann gern in die Bahn investieren“, das sei wirtschaftlich und
ökologisch eh vernünftiger.
## Überforderte Behörden
Hewdig Sensen, Präsidentin der Vereinigung Deutscher Pilotinnen, hofft noch
auf BER. Im November besuchte sie die Großbaustelle und war bestürzt über
den „dort zu Tage tretenden Diletantismus“. Für einen führenden
Industriestandort wie Deutschland sei das eine beschämende Situation. „Die
Behörden waren überfordert und aus der Politik kamen keine konstruktiven
Impulse.“ Trotz allem bräuchten wir jetzt endlich „möglichst schnell einen
funktionierenden BER“, sonst wäre der Imageschaden noch größer.
Dieter Faulenbach da Costa sieht das ähnlich. 44 Flughäfen hat er in seiner
Karriere bereits mitgeplant. Im Auftrag der Brandenburger CDU-Fraktion
hatte er eine Studie zum neuen Hauptstadtflughafen erstellt. „Zu spät, zu
klein, zu teuer“ nannte er das Projekt BER im November.
Im sonntaz-Streit schlägt er „eine Inbetriebnahme von BER mit den
Satelliten SXF alt, Neuhardenberg und Drewitz“ vor, die einen „hohen
Abfertigungsstandard des absehbaren Verkehraufkommens“ sichert. So ließe
sich Zeit gewinnen, um über „zukunftsfähige Alternativen nachzudenken.“
Nicht länger warten und über Lösungen nachdenken will Gregor Klässig. Der
Systemgastronom ist einer von vielen Mittelständlern, die in BER investiert
haben. Der Flughafen müsse jetzt endlich fertig werden. „Obwohl für uns
keine Entschädigungen zu erwarten sind, bin ich dagegen, das Großprojekt
BER abzubrechen.“ Berlin brauche BER, Tegel stelle nun mal keine
Alternative dar.
Die sonntaz-Frage beantworten außerdem Martin Delius, Mitglied der Piraten
im Abgeordnetenhaus Berlin, sowie Sigrid Zentgraf-Gerlach von der
Bürgerinitiative „Mahlower Schriftstellerviertel“.
9 Feb 2013
## AUTOREN
Tobias Oellig
## TAGS
Flughafen Berlin-Brandenburg (BER)
Flughafeneröffnung
Wowereit
Aufsichtsratschef
Air Berlin
Flughafen Berlin-Brandenburg (BER)
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