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# taz.de -- Ski-WM in Schladming: Fremde Helden
> Am Ende gibt’s noch mal Gold für Austria. In die rot-weiß-roten
> Freudentränen mischt sich Kritik am selbstgefälligen Verband.
Bild: Krabbeln vor Freude: Weltmeister Marcel Hirscher entzückt seine Nation.
WIEN taz | In einem vollgepfropften, vor nationaler Begeisterung
überschwappenden Stadion von Schladming beendete Marcel Hirscher den
WM-Slalom erwartungsgemäß als Sieger – vor dem Deutschen Felix Neureuther
und dem Austro-Oldie Mario Matt. Hirscher hatte die Slalom-Weltcuprennen
der Saison dominiert. Wie kanalisiert man eine derart niederdrückende
Erwartung des ganzen Landes in ein Skirennen? Hirscher dazu: „Ich weiß es
selber gar nicht. Allzu oft möchte ich das nicht ausprobieren.“
Zwei Wochen lang waren der Österreichische Skiverband und das ganze Land
einem Sieg vergeblich hinterhergerannt. Zwei Wochen der forcierten
Jubelhaltung gingen am Sonntag in nationalem Freudentaumel zu Ende. Jede
Medaille der Österreicher war in den Medien geradezu frenetisch gefeiert
worden. Gewonnen hatten die Hausherren vor dem Slalom allerdings nur den
merkwürdigen, den dramaturgischen Gesetzen des Fernsehens geschuldeten
Teambewerb, in dem jeweils zwei Männer und zwei Damen einen Hybrid Slalom
im K.-o.-System gegen das Nationalteam eines anderen Verbands bestreiten.
Vielleicht deshalb kamen nicht wie von Skiverbandspräsident Schröcksnadel
erwartet 450.000 Zuseher, sondern kaum 300.000. Sie sahen durchweg
Skihelden aus dem Ausland.
## Überragender Mann aus Übersee
Allen voran den Amerikaner Ted Ligety, der sich neben dem Super-G und der
Kombination auch den Riesenslalom sicherte. Dann Maria Höfl-Riesch (Gold in
der Super-Kombination, Bronze in der Abfahrt), über die vor der WM
[1][Markus Wasmeier], bayerisches Großmaul und Doppel-Olympiasieger, in
einem Spiegel-Interview gelästert hatte. „Maria wird keine Rolle spielen“,
hatte er prophezeit.
Die ÖSV-Frauen mussten ohne Sieg abreisen. Die 17-jährige Mikaela Shiffrin
(USA) gewann den Slalom, der slowenische Superstar Tina Maze den Super-G.
Die Französinnen holten Gold für den Riesenslalom (Tessa Worley) und die
Abfahrt (Marion Rolland). Den Österreicherinnen blieben eine Silberne
(Michaela Kirchgasser im Slalom) und eine Bronzene (Anna Fenninger,
Riesenslalom).
Am Ende weigerte sich [2][Gianfranco Kaspar], der Präsident des
Internationalen Skiverbandes (FIS), den Titel „Beste Ski-WM aller Zeiten“
an die Schladminger Organisatoren zu vergeben. Kaspar: „Jede WM hat ihre
eigene Kultur. Was hat das für einen Sinn, eine WM von 1932 mit der
heutigen Veranstaltung zu vergleichen?“ Eine sehr gute WM habe
ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel abgeliefert, so Kaspar, „aber das haben
wir erwartet“.
## Gefährliches Rennmanagement
Die schmerzhaften Fehlleistungen während der Ski-WM selbst sind allerdings
eher der FIS als den Organisatoren des ÖSV anzulasten. Der erste Bewerb,
der Super-G der Damen, wurde wegen Schlechtwetters bis in den Nachmittag
verschoben. Lindsay Vonn verletzte sich schwer, das Rennen endete in der
Abenddämmerung. Vor der Herren-Abfahrt fand ein einziges Training statt, am
Vormittag des Rennens noch ein „Besichtigungslauf“ auf verkürzter Piste.
Der Österreicher Klaus Kröll, der schließlich (Weltmeister: der Norweger
Aksel Lund Svindal) Vierter wurde, bezeichnete den Ablauf als
„Schwachsinn“. Im Ski-Weltcup sieht das Reglement übrigens zwingend drei
Trainingsläufe vor.
Die alpinen Renndirektoren Atle Skaardal (Damen) und Günter Hujara sind an
Anweisungen der FIS gebunden. Der Eindruck drängt sich auf, dass die FIS
eher die Belange der TV-Stationen und der Wirtschaftspartner im Auge hatte
als die Interessen der Sportler. Renndirektor Kurt Hoch (Österreich) trat
vor Jahren zurück, weil er seine unabhängige Urteilsfähigkeit nicht auf dem
Altar der Fremdinteressen opfern wollte.
Trotz des abschließenden Slalom-Sieges wurde Österreichs Verband
ausgerechnet in der von ihm ausgerichteten Weltmeisterschaft mit der
Unausweichlichkeit fundamentaler Reformen konfrontiert. Es reicht nicht
mehr, riesige Geldsummen in eine gnadenlose Selektion zu stecken, die schon
bei den Zehnjährigen beginnt.
Ausgerechnet Österreichs wichtigster Skifahrer der vergangenen 20 Jahre und
einer der wenigen über den Skizirkus hinaus bekannten Sportler, Hermann
Maier, forderte in seinem [3][Blog] die Verbandsfunktionäre dazu auf, auch
einmal ihre eigene Arbeit zu überdenken und nicht nur enttäuschte Gesichter
zu ziehen. Die ÖSV-Reaktion? Verletzte Eitelkeit und Fassungslosigkeit
darüber, dass ein bekannter Skifahrer das eigene Nest beschmutzt.
Selbstkritik? Null.
ÖSV-Sportdirektor Hans Pum sagt: „Hermann sollte mal darüber nachdenken,
was er dem ÖSV alles zu verdanken hat.“ Mathias Berthold, Cheftrainer des
Herrenteams, hatte nur einen Kommentar für Maier übrig: „Schwachsinn!“
Bemerkenswert ist, dass die zwei besten Athleten des Verbandes, Fenninger
und Hirscher, in privatem Umfeld arbeiten, ihre Karriere haben sie mehr der
Eigeninitiative als dem Verband zu verdanken.
17 Feb 2013
## LINKS
[1] http://www.spiegel.de/sport/wintersport/markus-wasmeier-vor-der-ski-wm-in-s…
[2] http://www.schladming2013.at/de/news/aktuelles/detail/datum/2013/02/17/eine…
[3] http://ski-wm.raiffeisen.at/blog/?p=367
## AUTOREN
Johann Skocek
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