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# taz.de -- Kolumne Männer: Männer sind krank
> Kerle erhalten, wenn sie kränkeln, kein Mitgefühl. Sie sollen gesund
> sein, ohne sich zu schonen. Dachte ich.
Bild: Kann jetzt ein bisschen weh tun: Influenza-Impfung in den USA
Übertreiben möchte ich nicht. Aber vergangene Woche wäre ich um ein Haar
ins weiße Licht gegangen. Eine Bronchitis hatte meinen Brustkorb erobert
und machte sich daran, meinen Lebenswillen zu verschlingen. Es war so
schlimm, ich war sogar zu schlapp, um mich zu bedauern. Dabei war kaum eine
Woche schlechter für mich geeignet, um krank zu sein, als diese.
Denn am vergangenen Freitag wollte ich im tazCafé zum ersten Mal aus meinem
tags zuvor erschienenen ersten Buch lesen: „Milde Kerle – Was Frauen heute
alles über Männer wissen müssen“. Das Werk erwähne ich so direkt, weil es
das Thema der Männer-Kolumne aufgreift. Vor allem aber sah ich darin,
hustend und meinen Puls fühlend (er war noch da), tiefe Ironie.
Im Buch gibt es nämlich ein Kapitel über Männer und Krankheit. Ich
beschreibe, wie widersprüchlich die Ansprüche an Männer auch in diesem
Lebensbereich sind. Moderne Kerle sollen einen attraktiven, gesunden Körper
vorweisen. Zugleich gilt es noch immer als unmännlich, auf seine Gesundheit
zu achten. Wer sein Kränkeln thematisiert, gilt schnell als
Selbstbemitleider, der tut, als liege er daheim nicht im Bett, sondern in
den Wehen.
Der Mann, das selbstgenügsame Wesen – das ist ein zähes Erbe des
soldatischen Ideals. Und eine Folge der Industrialisierung, als der
Rhythmus der Maschinen den von Millionen Fabrikarbeitern vorgab. Echte
Männer klagen nicht, sondern funktionieren. Dabei hätten sie, biologisch
gesehen, jede Menge Anlass zum Lamentieren.
## Von Mäusen und Menschen
Hustend und schniefend las ich von Forschungsergebnissen britischer
Biologen. 2011 erklärten Forscher der Queen Mary University in London:
Ihrer Studie zufolge sind weibliche Säugetiere besser gewappnet,
Infektionen zu bekämpfen, als männliche, und die „Kollateralschäden“ der
Abwehrschlacht ihres Immunsystems sind geringer. Die Ergebnisse der
Forschungen an Ratten und Mäusen ließen sich problemlos auf den Menschen
übertragen. Frauen haben demnach deutlich mehr weiße Blutkörperchen, die
Viren und Bakterien abwehren können, als Männer.
Das führe zudem dazu, dass seltener als bei Männern Chemikalien
ausgeschüttet würden müssten, die das Immunsystem stimulieren sollen. Diese
Chemikalien sorgen für Schlappheit und Schläfrigkeit. Kurzum: Männer leiden
unter einer Infektion stärker als Frauen. In mir stieg Bedauern für
meinesgleichen auf. Mir ging es also schon etwas besser.
Schließlich schleppte ich mich schlapp zur Lesung. Ich malte mir Arges aus.
Sogenannte Freunde würden mich verspotten, wenn ich es wagte zu erwähnen,
dass ich nicht ganz auf dem Damm sei: Ja, ja, so sindse, die „milden
Kerle“.
Stattdessen: Wohlwollen allerorten, Fragen nach meinem Befinden.
Anschließend Glückwünsche, dass meine Stimme durchgehalten hatte. Es wurde
ein wirklich schöner Abend. Hatte ich die Dinge im Fieberwahn zu schwarz
gesehen? Ist unsere Gesellschaft viel weiter? Noch schlimmer: Hatte ich
etwa Unrecht gehabt? Mit einem bisschen Glück, beruhigte ich mich, war ich
doch ins weiße Licht gegangen.
27 Feb 2013
## AUTOREN
Matthias Lohre
Matthias Lohre
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