| # taz.de -- Neue Chefredaktion beim „Stern“: Oben ohne Frauen | |
| > Drei Männer an der Spitze des „Stern“? Dabei hatte der Chef Thomas | |
| > Osterkorn doch gerade erst die 50-Prozent-Frauenquote ausgerufen. | |
| Bild: Pfui! | |
| BERLIN taz | Sie waren sehr enthusiatisch beim Stern. Gewesen. Kaum hatte | |
| der Verein „Pro Quote“ 2012 die Chefredakteure bekannter Medien | |
| aufgefordert, eine Frauenquote für ihre Führungsjobs einzuführen, da | |
| antwortete Stern-Chef Thomas Osterkorn: „Unser erklärtes Ziel ist sogar, | |
| die Hälfte aller Führungspositionen an Frauen zu vergeben – nicht, um eine | |
| Quote zu erfüllen, sondern weil es sinnvoll und gerecht ist.“ Und im | |
| Stern-Editorial folgerte er: „Die Chancen stehen also gut, dass in Zukunft | |
| eine Frau in die stern-Chefredaktion einzieht. Mich würde das sehr freuen.“ | |
| Jetzt müsste er also dementsprechend traurig sein: Gerade teilte der Gruner | |
| + Jahr-Verlag mit, dass noch vor dem neuen Chefredakteur Dominik Wichmann, | |
| der ab Mai die Geschäfte übernehmen soll, zwei neue Männer im März die | |
| Stellvertreterjobs übernehmen werden: Der frühere Chefredakteur der | |
| eingestellten "Financial Times Deutschland", Steffen Klusmann, wird | |
| zuständig für die digitalen Angebote der Marke sein. Als weiterer | |
| Blattmacher und Stellvertreter des Stern-Chefredakteurs Dominik Wichmann | |
| wurde Hans-Peter Junker ernannt, Chefredakteur des Monatsmagazins View. | |
| Was ist passiert?, fragt sich auch Annette Bruhns, Vorsitzende von ProQuote | |
| Medien: „Wir haben dem Stern für das Ziel, die Hälfte der Führungsposten | |
| weiblich zu besetzen, gratuliert. Jetzt fragen wir uns, ob sich die | |
| Blattmacher nur als Frauenversteher positionieren wollten. Für wie doof | |
| hält der Stern seine Leserinnen, wenn solchen Worten keine Taten folgen?“ | |
| ## Chefredaktion erweitert, Auftrag erfüllt | |
| Der Stern aber verteidigt sich gegenüber dem Mediendienst Meedia mit einer | |
| raffinierte Erweiterung des Wortes Chefredaktion: Eine Sprecherin erklärte, | |
| dass die Zielvereinbarung für das Magazin nach wie vor gelte: „Zur neuen | |
| Chefredaktion gehören neben dem Chefredakteur und den Stellvertretern auch | |
| die Managing Editors. Mit der aktuellen Besetzung haben wir damit einen | |
| Frauenanteil von 33 Prozent in der Chefredaktion.“ | |
| Chefredaktion erweitert, Auftrag erfüllt. Das sieht ProQuote etwas anders: | |
| "Die managing editors arbeiten in der Hierarchie unterhalb der | |
| Chefredakteure, erklärt Annette Bruhns. „Wir wollen 30 Prozent auf jeder | |
| Führungsebene“ Die drei neuen Männer seien mittleren Alters und blockierten | |
| die Topjobs nun auf Jahre hinaus, moniert die Spiegel-Redakteurin außerdem. | |
| Gerade erst hat der Verein Preise an Chefredakteure verliehen, die sich | |
| mehr oder weniger für die Quote ins Zeug gelegt hatten. Giovanni di Lorenzo | |
| von der Zeit konnte einen goldenen Hahn im Korb ernten, weil er die | |
| Chefredaktion mit Sabine Rückert tatsächlich um eine Frau erweiterte. | |
| Negativpreise gingen an den Intendanten des Südwestrundfunks Peter | |
| Boudgoust, der weiterhin ausnahmslos Männer beförderte und an FAZ-Chef | |
| Frank Schirrmacher. Letzterer hatte kein Problem darin gesehen, dass der | |
| Anteil an Führungsfrauen in der FAZ bei 8,7 Prozent liegt: „Wir sind da | |
| anders“, so sein Kommentar. Pro Quote verlieh ihm - in Abwesenheit - einen | |
| „Trau Dich“-Frosch. | |
| Der Verein ProQuote zieht ein Jahr nachdem er die Aufforderung verschickt | |
| hat, eine gemischte Bilanz: „Wir haben einerseits greifbare Erfolge zu | |
| verbuchen. Überall sind mehr Frauen aufgerückt, auch in die Chefredaktionen | |
| – etwa bei der Berliner Zeitung, beim Wirtschaftsmagazin ‘Impulse’ oder, | |
| gleich zu dritt, bei BILD“, sagt Annette Bruhns. „Andererseits versuchen | |
| immer noch einige Chefredakteure, unser Anliegen einfach auszusitzen.“ Der | |
| Stern, so sieht es nun aus, gehört auch dazu. | |
| 28 Feb 2013 | |
| ## AUTOREN | |
| Heide Oestreich | |
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