# taz.de -- Kritik an von-der-Leyen-Projekt: Bürokratisch und kurzsichtig | |
> Kostenlose Nachhilfe kommt bei armen Kindern oft nicht an. Die | |
> Vodafone-Stiftung verlangt Korrekturen beim Bildungspaket. | |
Bild: Nachhilfe für alle. Klappt nur nicht so recht | |
BERLIN taz | Dieter ist arbeitslos, seine beiden Kinder haben Probleme in | |
der Schule. Das Bildungspaket von Bundesarbeitsministerin Ursula von der | |
Leyen (CDU) soll ihnen kostenlose Nachhilfe ermöglichen – doch dafür muss | |
die Familie einige Hürden überwinden. | |
Vater Dieter muss herausfinden, wer sein Ansprechpartner ist: das | |
Job-Center? Wenn er Hartz IV bezieht, ist er mit dem Nachhilfeantrag | |
möglicherweise dort richtig. Bekommt er Sozialhilfe, wäre es vielleicht | |
eher das Rathaus. Außerdem braucht er eine Bestätigung der Schule, dass | |
seine Kinder das Lernziel tatsächlich zu verfehlen drohen. Sobald die Noten | |
einigermaßen für die Versetzung reichen, erlischt der Förderanspruch | |
wieder. | |
Mit diesem fiktiven Beispiel illustriert die Vodafone-Stiftung, warum so | |
wenige bedürftige Kinder die ihnen zugedachte kostenlose Nachhilfe | |
bekommen. Bundesweit erhalten 5 Prozent aller Kinder, die grundsätzlich | |
Anspruch auf Leistungen aus dem Bildungspaket haben, eine Lernförderung. | |
Ein kostenloses Mittagessen bekommen 35 Prozent. Die geringe Nachhilfequote | |
ist jedoch mit Vorsicht zu interpretieren: Es ist zwar bekannt, dass 2,5 | |
Millionen Kinder in bedürftigen Haushalten leben. Nicht aber, wie viele | |
davon Nachhilfe bräuchten. | |
Die Experten der privaten Denkfabrik befürchten trotzdem, dass zu viele | |
Kinder leer ausgehen – und appelliert an Kommunen, Länder und den Bund | |
gleichermaßen, den Zugang zu kostenloser Nachhilfe zu vereinfachen. | |
Den Kommunen empfehlen die Experten, eine zentrale Anlaufstelle für | |
Leistungen aus dem Bildungspaket einzurichten. Außerdem sollte der | |
Förderunterricht direkt in der Schule stattfinden, so dass Eltern ihre | |
Kinder nicht zur Nachhilfe quer durch die Stadt schicken müssen. Ein | |
Vorbild nehmen könnten sich die Kommunen nach Ansicht der Vodafone-Stiftung | |
am Landkreis Ammerland in Niedersachsen. Dort organisiert die | |
Volkshochschule im Anschluss an den regulären Unterricht die Förderkurse. | |
An ihnen dürfen Kinder auch dann weiterhin teilnehmen, wenn ihre Familien | |
keine Sozialleistungen mehr beziehen. | |
Von den Ländern fordert die Stiftung, die Lernförderung großzügiger zu | |
gewähren – und nicht nur, wenn die Versetzung eines Kindes gefährdet ist. | |
Da es vielerorts kein Sitzenbleiben mehr gibt, sollten die Länder auch | |
Kriterien wie bessere Chancen auf einen Ausbildungsplatz berücksichtigen. | |
Diesen Weg geht zum Beispiel NRW. | |
Der Bund sollte weiterhin Geld für Schulsozialarbeiter bereitstellen. Diese | |
Mittel laufen Ende des Jahres aus. Dabei übernähmen die Sozialarbeiter in | |
den Schulen vor Ort eine wichtige Lotsenfunktion, indem sie Eltern zu ihren | |
Ansprüche aus dem Bildungspaket beraten, so die Stiftung. | |
1 Mar 2013 | |
## AUTOREN | |
Bernd Kramer | |
Bernd Kramer | |
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