# taz.de -- Koalition: Berlin enthält sich | |
> Der Bundesrat stimmt am Freitag über einen Mindestlohn ab. Berlins SPD | |
> ist dafür, CDU ist dagegen. Grüne kritisieren Senat als | |
> „entscheidungsunfähig“. | |
Bild: Die Mehrheit im Bundesrat für den Mindestlohn steht - auch ohne Berlin | |
Wenn der Bundesrat über einen flächendeckenden Mindestlohn von 8,50 Euro | |
brutto pro Stunde abstimmt, wird Berlin sich enthalten: CDU und SPD konnten | |
sich nicht auf ein gemeinsames Vorgehen einigen. Die SPD unterstützt den | |
Mindestlohn, die CDU ist dagegen. Der Koalitionsvertrag sieht für solche | |
Fälle eine Enthaltung vor. | |
Der SPD-Landesvorsitzende Jan Stöß kritisiert die Ablehnung: „Auch die CDU | |
kann nicht erklären, was daran gerecht ist, wenn jemand jeden Tag hart | |
arbeitet und am Ende des Monats zum Aufstocken aufs Sozialamt gehen muss. | |
Dafür gibt es auch für eine bürgerliche Partei kein vernünftiges Argument!�… | |
Allein in Berlin würden über 100.000 Menschen von der Einführung des | |
Mindestlohns profitieren. „Wir müssen den Niedriglohnsektor zurückdrängen, | |
eine menschenwürdige Entlohnung und klare gesetzliche Regelungen für alle | |
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland sichern“, fordert Stöß. | |
Die CDU verteidigte ihre Ablehnung eines bundesweiten Mindestlohns. | |
Generalsekretär Kai Wegner machte deutlich, dass es gar keine Differenz | |
über das Ziel gibt: „Damit die Menschen von ihrer Hände Arbeit leben | |
können, müssen sie ein anständiges Entgelt bekommen.“ Es sei jedoch | |
wichtig, so Wegner, dass die Höhe der Löhne eine größtmögliche Akzeptanz | |
erfahre: „Die Tarifautonomie muss daher gewahrt bleiben.“ Wegner | |
kritisierte das Modell eines „politischen Mindestlohns“ und sagte: „Damit | |
werden die Arbeitgeber und Gewerkschaften geschwächt. Wir hingegen wollen | |
die Tarifpartner stärken, indem wir ihnen die Aufgabe übertragen, einen | |
angemessenen Mindestlohn auszuhandeln.“ | |
Die Autonomie der Tarifpartner scheint der Berliner CDU allerdings nur | |
andernorts wichtig zu sein. Für das Land Berlin hat die CDU sich im | |
Koalitionsvertrag mit der SPD zu einem Mindestlohn von 8,50 Euro | |
verpflichtet. Dieser Mindestlohn gilt für alle Aufträge der öffentlichen | |
Hand – und zwar auch dann, wenn Gewerkschaften und Arbeitgeber sich auf | |
einen niedrigen Tariflohn verständigt haben. Für Aufträge von Unternehmen | |
oder Privatleuten gilt dagegen auch in Berlin kein gesetzlicher | |
Mindestlohn, denn den kann nur der Bund einführen. | |
Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Ramona Pop kritisiert die Enthaltung des | |
Senats, der „wieder einmal entscheidungsunfähig“ sei: „Die Berliner SPD | |
macht landauf und landab mit dem Mindestlohn Wahlkampf, wenn es dann aber | |
zum Schwur kommt, kneift sie.“ Die SPD müsse sich „endlich gegen die CDU | |
durchsetzen, die offenbar lieber blockiert als regiert.“ Der Senat dürfe | |
„die Berlinerinnen und Berliner mit Armutslöhnen nicht alleine lassen“. | |
Für die Einführung eines bundesweiten Mindestlohns ist die Stimme Berlins | |
im Bundesrat allerdings ohnehin irrelevant. Eine Mehrheit ist dort auch | |
ohne Berlin gesichert, weil die Landesregierungen mit Beteiligung von SPD, | |
Grünen und Linken gemeinsam eine Mehrheit haben. Sogar das Saarland will | |
der Gesetzesinitiative zustimmen, obwohl es von einer großen Koalition | |
unter der CDU-Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer regiert wird. | |
Dennoch wird der Mindestlohn nicht Gesetz werden: Im Bundestag gibt es | |
keine Mehrheit dafür, weil Union und FDP dagegen sind. | |
28 Feb 2013 | |
## AUTOREN | |
Sebastian Heiser | |
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